Sonntag, 11. Juli 2010

Depression und Protektionismus

Einige Reaktionen der Leserschaft auf den kürzlich erschienenen Beitrag „ Keynes versus Hayek“ veranlasst Paul Krugman, in seinem Blog nocheinmal zum Thema „Depression und Protektionismus“ Stellung zu nehmen. Denn manche Leser scheinen zu glauben, dass der Protektionismus bei der Entstehung der Weltwirtschaftskrise eine wichtige Rolle gespielt hat. Ja, sogar manche Experten glauben daran. Nicht so. Krugman will klarstellen, dass der „Smoot-Hawley-Tariff Act“ (1930) nicht eine gute Sache war. „Es war wirklich eine schlechte Sache“, betont der Nobelpreisträger: „Protektionismus ist scheusslich. Smoot-Hawley Act ist schlecht“. Haben aber der Smoot-Hawley-Act und andere Handelsbeschränkungen die Depression verursacht? Nein, hält Krugman fest.


Welthandelsvolumen, Graph: Barry Eichengreen & Kevin O’Rourke

Laut Lehrbuch „Ökonomie“ führt Protektionismus zu einer Fehlallokation von Ressourcen und verringert die Effizienz der Wirtschaft. Aber er verursacht keine Massenarbeitslosigkeit von Ressourcen, um die es bei der Depression geht, erklärt Krugman. „Wenn Sie aber sagen, dass der Protektionismus zu einem Rückgang der Ausfuhren führt. In der Tat. Auch die Einfuhren fallen“. Es ist überhaupt nicht klar, welche Auswirkungen das alles auf die Gesamtnachfrage hatte. Sie taten es insofern, als die Zollsätze in Form einer Steuererhöhung verhängt wurden. In diesem Fall muss man aber das gesamte Spektrum von steuerlichen Massnahmen betrachten, nicht nur die Erhöhung der Zollsätze.

Warum behaupten aber so viele Leute, dass der Protektionismus es getan hat? Teilweise, denkt Krugman, weil die frühen Jahre der Depression durch eine scharfe Kontraktion des Handels gekennzeichnet waren. Jeder kann sich an das berühmte Spiral Diagramm von Kindleberger erinnert, bemerkt Krugman. Dieses Bild wird oft als Beweis dafür gezeigt, dass die Handelskontraktion zum Abschwung geführt hat. Die jüngsten Erfahrungen geben aber mehr Möglichkeiten zum Vergleich, erklärt der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor. Eichengreen und O’Rourke haben beispielsweise gezeigt, dass der Handel im ersten Jahr der gegenwärtigen Krise viel stärker fiel als in der Depression, obwohl es diesmal keine grossen protektionistische Massnahmen gab. Das heisst, dass die Weltwirtschaftskrise zur Kontraktion des Handels geführt hat, nicht umgekehrt. Protektionismus war also eine Folge der Depression, nicht die Ursache. Krugman hält es für eine Art edle Lüge, die Schuld für die Wirtschaftskrise auf Protektionismus zurückzuführen. Das sei ein Versuch, Menschen in der Handelspolitik zu erschrecken, welche für andere Gründe gut ist.

Aber zurück zu Hayek: Es war charakteristisch, das Scheitern der Erholung auf die Handelsrestriktionen zurückzuführen. Hayek, wie seine modernen Nachfolger, konnten nie seinen Geist um die Tatsache umwickeln, dass das Hauptproblem in Depressionen und das, was seine Theorie erklären musste, nicht die Fehlallokation von Arbeit und anderen Ressourcen war, sondern Massenarbeitslosigkeit, so Krugman als Fazit.

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