Donnerstag, 13. Mai 2010

Die Gefahr, die von Defizit ausgeht, ist gleich Null

James K. Galbraith antwortet in einem lesenswerten Interview mit Ezra Klein in Washington Post auf die Frage, ob er glaube, dass die Gefahr, die aus dem langfristigen Defizit ausgehe, von den meisten Ökonomen und Kommentatoren überbewertet werde, „Nein, ich glaube, die Gefahr ist gleich Null. Sie ist nicht überbewertet, sondern völlig inkorrekt angegeben“. „Was ist das Wesen der Gefahr? Die einzig mögliche Antwort ist, dass dieses Defizit zu einem Anstieg der Zinsen führen werde. Würden die Märkte eine ernsthafte Gefahr sehen, würde sich die Rendite 20-jährigen Staatsanleihen heute nicht auf 4,0% belaufen“, erklärt Galbraith. Die Renditen müssten steigen, falls Gefahr bestünde, aber die sind tatsächlich im Zuge der europäischen Schuldenkrise gesunken, argumentiert Wirtschaftsprofessor an der University of Texas, Austin. Es gibt also zwei Möglichkeiten: Entweder die Theorie ist falsch oder der Markt ist nicht rational. Wenn aber der Markt nicht rational ist, dann hat es keinen Sinn, die Politik dem Markt entsprechend zu gestalten, weil man ein irrationales Wesen nicht anpassen kann, erläutert Galbraith weiter.

Menschen sind besorgt, dass der Staat nicht in der Lage sein werde, Anleihen zu verkaufen. Der Verkauf von Anleihen kann aber für den Staat nie ein Problem werden. Der Staat kann den anderen Weg gehen. Staatsausgaben sorgen dafür, dass die Banken nach Anleihen fragen, weil sie eine höhere Rendite auf das Geld, das der Staat in die Wirtschaft setzt, wollen, so Galbraith. Sein Vater habe gesagt, dass dieser Prozess so einfach ist, dass der Verstand von ihm abpralle.

Wie oft hat der Staat seit den 1790er Jahren kein Defizit aufgewiesen? Sechs kurze Zeit und alle haben zu Rezession geführt, erklärt Galbraith weiter. Warum? Weil der Staat Defizit haben muss. Es ist der einzige Weg, um Finanzkraft in die Wirtschaft zu injizieren, hält Galbraith fest. „Fahren Sie kein Defizit ein, dann entleeren sich die Taschen im private Sektor“, bemerkt Galbraith. Die Annahme, dass man Staatsausgaben kürzen kann, ohne wirtschaftliche Aktivität zu belasten, sei völlig falsch. Das, was in Europa gerade jetzt geschieht, ist erschreckend, betont Galbraith. Die Griechen werden gebeten, Staatsausgaben um 10% zu kürzen. Es wird angenommen, dass das keine Auswirkungen auf das BIP hat. „Natürlich hat es Auswirkungen. Das wird das BIP um mind. 10% kürzen“ erläutert Galbraith. Und sie werden deswegen die Steuereinnahmen nicht generieren können, um das niedrige Niveau an Staatsausgaben zu finanzieren. Spanien war gestern gezwungen, dieselbe Massnahme anzukündigen. Die Euro-Zone geht unter. Schauen Sie auf der anderen Seite auf Japan, argumentiert Galbraith. Japan hat seit dem Crash im Jahr 1988 ein enormes Defizit. Wie haben sich die Zinssätze seither entwickelt? Kein Anstieg. Null.

1 Kommentar:

Peter Bretscher hat gesagt…

..."Es gibt also zwei Möglichkeiten: Entweder die Theorie ist falsch oder der Markt ist nicht rational"....
Es gibt noch eine dritte Möglichkeit: Die Theorie ist falsch UND der Markt ist nicht rational.
Dies erscheint mir die realistische Version.