„Griechenland ist ein relativ wohlhabendes Land. So scheint es jedenfalls, wenn man sich die Zahlen ansieht: Pro-Kopf-Einkommen von mehr als 30'000 $. Rund drei Viertel des Niveaus von Deutschland“, schreibt Tyler Cowen in einem lesenswerten Essay in NYT. Was die Zahlen von Einkommen nicht erfassen, ist die relative Schwäche der wirtschaftlichen Institute in Griechenland. „Sie sind nicht im entferntesten vergleichbar mit denen von Deutschland und einigen anderen besser geführten EU-Nationen, weshalb die aktuelle Krise so schwer zu lösen ist“, argumentiert Wirtschaftsprofessor an der George Mason University. Die EU und der IWF haben ein enormes Rettungspaket geschnürt. Aber es ist nicht eine Frage der Finanzierung, sondern die des Wirtschaftswachstums. „Betrachten wir den Doing Business Index der Weltbank“, bemerkt Cowen weiter. Ein Index, der Länder nach der Qualität ihres ordnungspolitischen Umfelds für den Handel rangiert. Griechenland kommt auf Platz 109, hinter Ägypten, Äthiopien und dem Libanon.
Für die Kategorie „Länder mit hohem Einkommen“ ist das griechische Ranking gleich neben dem letzten, noch vor Äquatorial-Guinea, einem Land mit Ölreichtum. „Griechenland hat ein fehlgeleitetes Steuersystem mit Schattenwirtschaft, die schätzungsweise rund 20 bis 30% der Wirtschaft ausmacht. Steuerhinterziehung verschluckt jährlich rund 30 Mrd. $“, so Cowen. Allein die Einnahmen von Steuern, die legal geschuldet sind, würde Griechenlands Bücher ins Gleichgewicht bringen, erklärt Cowen. Doch selbst diese einfache Abhilfe scheint nicht unmittelbar bevorzustehen. „Die Produktion wird durch Staatsausgaben oft behindert, als unterstützt. Das gibt einen Anhaltspunkt dafür, warum die Zahlen Griechenland so reich erscheinen lassen als es wirklich ist“, behauptet Cowen. Griechenlands Währung, Euro ist stärker als die seines Nachbarn Türkei, sodass Ferien in Griechenland teuerer ist. Zumal Griechenland nicht genug Luxus-Hotels, Golf Clubs und Resorts gebaut hat, um die Kostenunterschiede zu rechftfertigen, schildert Cowen weiter. Die höheren Kosten der griechischen Waren und Dienstleistungen, die in Euro abgegolten werden, senken die Wettweberbsfähigkeit des Landes. Im Verlauf der Zeit werde sich dieses Problem verschärfen, wenn die Produktivität in Deutschland und Frankreich durchweg mit höherem Tempo wächst und der Wert des Euros griechische Exporte aus dem Rennen schmeisst. Ein schmerzhafter Weg aus diesem Dilemma wäre für Griechenland, eine anhaltende Deflation für Löhne und Preise in Angriff zu nehmen. Aber griechische Wähler gehen auf die Strasse, um Druck auf die Regierung auszuüben, damit sie Löhne und Sozialleistungen behalten, erklärt Cowen. Deutschland und Frankreich sind mitschuldig, Griechenland als reicheres Land als es ist zu behandeln, betont der Ökonom. Der starke Euro hält die Ausfuhren aus finanzschwachen Euro-Zone-Ländern nicht-kompetitiv und macht es für Griechenland leichter, deutsche und französische Exporte zu kaufen. Beide Tendenzen kommen deutschen und französischen Handelsinteressen zu Gute, erläutert Cowen. Die EZB hat Griechenland als fiskalpolitisch verantwortliches Land behandelt, indem sie griechische Staatsanleihen gekauft hat, welche hochbewertet worden sind. Die europäischen Banken folgten. Und das bedeutete ein ungerechtfertigter Kreditboom für Griechenland. „Das ist jetzt die Ära des rohen wirtschaftlichen Erwachens. Griechenland ist einfach eine extreme Ausprägung. Der europäische Rettungsplan ist daher eine Leugnung dieser Wahrheit, dass viele Länder v.a. Griechenland nicht so reich sind, wie wir zu denken pflegen“, schlussfolgert Cowen.
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