Sonntag, 25. April 2010

William K. Black: Homo oeconomicus als Soziopath

In einem lesenswerten Interview mit new deal 2.0 nimmt Bill Black zu aktuellen Themen „Regulierung“, „Finanzkrise“, „SEC-Klage“ u.v.m. Stellung. „Das Finanzwesen ist in den meisten entwickelten Nationen ein Parasit geworden. Es sollte als Vermittler (intermediary) der Realwirtschaft dienen. Seine Funktion ist, das Kapital zu seinem wertvollsten Einsatz zu möglichst niedrigen Kosten zu bewegen. Stattdessen erzeugt es massive Boni und Krisen, wenn es schlecht funktioniert. Funktioniert es „gut“, dann führt es zu einer Fehlallokation des Kapitals und finanziert spekulative Angriffe auf Rohstoffe und nationale Währungen. Es ist besonders schädlich für die Arbeitnehmer in Europa und den USA“, argumentiert Black. Das Finanzwesen laufe nicht im Interesse von Finanzunternehmen, erklärt Black weiter. Es ist im Interesse der leitenden Angestellten, die die Unternehmen kontrollieren, so Black. Sie maximieren einfach ihr Einkommen, häufig durch Bilanz-Betrug, hält Associate Professor für Wirtschaft und Recht an der University of Missouri, Kansas City fest.

„Homo economicus ist ein Soziopath. Zunehmend werden unsere Elite Unternehmen (und dies gibt ihnen auch grosse politische Macht) zu Soziopathen“, erklärt der ehem. Senior S&L-Regulierer. „Das ist das Rezept für wiederkehrende, sich intensivierende Krisen und wachsende Ungleichheit“. Eines der peinlichsten Elemente der Krise sie, was sowohl für Europa als auch für die USA gilt, „der Tod der Berechenbarkeit unserer finanziellen Elite“, erklärt Black.

Der hoch angesehene Wirtschafts- und Juraprofessor vertritt die Ansicht, dass Deutschland eine typische schwache Finanzaufsicht hatte. „Deutsche Banken sind weit grösser und in der Wirtschaft integriert als in vielen anderen Ländern“ Sie haben schwere Schäden für die Wirtschaft verursacht“. Deutschland spielte laut Black eine bedeutende Rolle bei der Aufhebung einer der erfolgreichsten US-Reformen aus der „Grossen Depression“-Ära: Glass-Steagall Act. Das Gesetz erforderte eine Trennung zwischen den Geschäfts- und Investmentbanken, wegen der inhärenten Interessenkonflikte in der Kombination der beiden Operationen in der gleichen Einheit (Stichwort: Chinese Wall). Die Gegner des Glass-Steagall-Gesetzes argumentierten in den USA, dass das Gesetz abgeschafft werden solle, um den Wettbewerbsvorteil gegenüber deutschen Universal-Banken zu Ende zu bringen. „Das war natürlich ein gefährlicher Unsinn, da es keine Grössenvorteile („economies of scale“) für deutsche Banken gibt und der Konflikt die Banken gefährdet. Aber es hält eine perverse Dynamik am Leben: Die „Konkurrenz in Laxheit“, ist Black überzeugt. Diese Dynamik schaffe Anreize, Regulierung kontinuierlich zu schwächen, bis zu einem Punkt, wo es dann ausfällt. „Das war das Ziel der Gegner der Regulierung. Sie machten regulatorisches Versagen eine sich selbst erfüllende Prophezeiung“. Ferner argumenitert Black, dass Deutschland bei der Reaktion auf die Krise eine negative Rolle spielt. Der EU-Stabilitätspakt ist von Natur aus nicht stichhaltig, so Black. Von Nationen, die sich in einer ernsten Rezession befinden, „Austerity“ (Sparpolitik) zu verlangen, macht die Dinge schlimmer, erklärt Black weiter. Ohne die Interventionen der US-Notenbank (Fed) im Namen der Nationen wie die Schweiz (oder genauer gesagt ihrer Banken) hätten die EU-Banken sich in grösseren Rettungsaktionen massiv engagieren müssen“, so Black.

Fazit: Banken verstecken die Risiken und verdienen heute wieder so viel wie vor der Krise. Ein ausgezeichnetes Interview, das Lob und Anerkennung verdient.

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