Dienstag, 2. August 2011

Der private Geldmarkt

Morgan Ricks befasst sich in einem lesenswerten Artikel („What should be done about the private money market?“) mit der Anfälligkeit des Schatten Bankensystems (shadow banking system). Was ist aber im Hinblick auf den Geldmarkt zu tun? Es ist allgemein anerkannt, dass dieser Markt im Mittelpunkt der jüngsten Finanzkrise stand, hebt der an der Harvard Law School lehrende Rechtsprofessor hervor. In der Tat war die komplette Notfall-Reaktion auf die Finanzkrise auf die Stabilisierung dieses Marktes gerichtet. Doch die vorgeschlagenen Reform-Massnahmen haben wenig zustande gebracht, die Probleme, die mit diesem Markt zusammenhängen, direkt anzugehen.

Es ist wichtig, die Terminologie genau zu beschreiben, unterstreicht Ricks. Der Begriff „der private Geldmarkt“ bezieht sich auf den Multi-Billionen-Markt für kurzfristige Schuldscheine (IOUs), welche vom Staat weder ausgegeben noch garantiert werden. Dieser Markt umfasst Wertpapierpensionsgeschäfte (repo), Asset-Backed Commercial Paper (ABCP), nicht gesicherte Deposit-Obligationen und sog. Eurodollar Obligationen der ausländischen Banken. Der Markt umfasst auch die „Anteile“ von Geldmarktfonds.

Während der jüngsten Krise kam es zu einem massiven Ansturm auf den privaten Geldmarkt (genannt auch „Schatten Bankensystem“). Und „die US-Regierung hat mit einer massiven Intervention darauf reagiert. Warum? Was wäre an der Ausweitung der Spreads dieser Instrumente so schlimm gewesen?“, fragt Ricks. Eine mögliche Antwort sei, wie er in einem anderen Artikel („Regulation Money Creation After the Crisis“) ausführlich beschreibt, dass diese Instrumente des privaten Geldmarktes wichtige Eigenschaften des Geldes aufweisen. Dementsprechend ist aufgrund der sich ausweitenden Spreads negative monetäre Folgen zu erwarten.

Dieses Argument klingt so wie ein Zitat aus der einflussreichen Analyse der Ursachen der Grossen Depression durch Milton Friedman und Anna Schwartz. Die Autoren führen die Ursprünge der Grossen Depression auf eine massive monetäre Kontraktion zurück, die infolge des Zusammenbruchs des Bankensystems hervorgebracht wurde, erklärt Ricks.

Gilt aber das Argument von Friedman und Schwartz auch für den privaten Geldmarkt? Es ist zugegebenerweise nicht eingängig. Denn im Gegensatz zu Sichteinlagen der Banken haben die meisten privaten Geldmarktinstrumente keine „Tauschmittel“-Funktion, was als „sine qua non“ des Geldes gilt.

Dennoch bietet der Artikel sowohl den theoretischen Hintergrund als auch die empirische Evidenz für die „moneyness“ von Geldmarktinstrumenten an. Es zeigt auch, dass die Geldmarktinstrumente in der Tat wie Sichteinlagen behandelt werden, in einer Vielzahl von Markt-Zusammenhängen, beschreibt Ricks. M.a.W. werden diese Instrumente weitgehend als Geld-Attribute angesehen, in einer Weise, wie es auf die Schuldtitel am Kapitalmarkt nicht zutrifft.

Diese Argumentation stellt jedoch ein Problem für die herkömmliche Regulierung der Finanzmärkte dar. Angenommen, die Geldmarktinstrumente üben eine wichtige moneträre Funktion aus. Nehmen wir weiter an, dass ein Zahlungsausfall (default) dieser Instrumente zu einer Kontraktion der Geldmenge führt.

Wenn diese Konsequenzen eine solide wirtschaftliche Rechtfertigung für die ausserordentliche Regulierung der Depotbanken bereitstellen, lässt sich die Begründung nicht auch für die Emittenten der Geldmarktinstrumenten gelten? Beruht m.a.W. unser spezielles Regulierungssystem für die Einlageninstitute auf einer willkürlichen und formalistischen Unterscheidung?

Ricks beantwortet die Fragen mit „ja“. Ganz allgemein finden sich laut Ricks Gründe dafür, die Geldschöpfung als eine hoheitliche Aufgabe durch eine öffentlich-private Partnerschaft zu befürchworten, die Geldschöpfung in der Tat als ein öffentliches Gut zu erkennen.

Logisch würde dieser Ansatz ein Verbot des Zugangs zu Geldmarkt-Finanzierung durch Unternehmen, die die regulatorischen Kriterien nicht erfüllen, mit sich bringen, genau so, wie es Unternehmen ohne Lizenz nicht gestattet ist, als Bank legalerweise Einlagenverbindlichkeiten (deposit liabilities) zu begeben.


Hat tip to Mark Thoma.

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