Mittwoch, 1. Mai 2013

Warum ist Kerninflation wichtig?


Die US-Notenbank hat im Dezember 2008 die Zinsen auf nahe Null gesenkt. Seither ist die konventionelle Geldpolitik ausgeschöpft. Und die Fed versucht, mit der mengenmässigen Lockerung der Geldpolitik (QE: quantitative easing) die gesamtwirtschaftliche Nachfrage weiter anzukurbeln.

Die Notenbankgeldmenge (monetary base) ist zwar im Sog der Finanzkrise kräftig gestiegen. Da das schwache Wirtschaftswachstum vor sich hin dümpelt und die Produktionskapazitäten (output gap) unterausgelastet bleiben, steigt die Inflation nicht. Zumal die gegenwärtige Situation durch einen restriktiven fiskalpolitischen Kurs zusätzlich verschlimmert wird.

Dennoch gibt es kritische Stimmen, die in diesen Tagen laut werden, dass die Inflationsgefahr zunehme. Die Kritik richtet sich in erster Linie gegen das Konzept der Kerninflation. Es sei irgendwie töricht, unehrlich oder schlimm, Inflation ohne die Preise für Nahrungsmittel und –Energie zu messen. Dazu gesellt sich im gleichen Atemzug auch die Behauptung, dass die Statistik in Sachen Inflation sowieso manipuliert werde.

Es ist vor diesem Hintergrund Zeit für eine Auffrischung, wozu das Kerninflation-Konzept dient. Paul Krugman erläutert heute in seinem Blog erneut, was hinter der Idee Kerninflation steckt: Nicht alle Preise verlaufen gleich. Es gibt „sticky“ (träge) Preise, welche nur gelegentlich überarbeitet werden. Diese Preise sorgen dafür, warum die Inflation viel Trägheit innehat und warum die Disinflation teuer zu stehen kommen kann. Und es gibt andere Preise, die kurzfristig stark schwanken und eine allgemeine Inflation mit Volatilität auslösen können.


US Kerninflation (rote Kurve) und allgemeine Inflation (blaue Kurve), Graph: Prof. Paul Krugman

Die Idee der Kerninflation (core inflation) ist, die volatilen Preise aussen vor zu lassen, um auf diese Weise einen besseren Überblick über die Grundtendenzen der Inflation (headline inflation) zu bekommen. Kerninflation wird z.B. nicht für die Anpassung der Lebenshaltungskosten herangezogen. In den Medien werden i.d.R. über die Zahlen im Hinblick auf die allgemeine Inflation berichtet, nicht über die Kerninflation. Die Fed orientiert sich jedoch an Kerninflation, weil die US-Notenbank davon ausgeht, dass die allgemeine Inflation zu volatil ist. Und die Fed will auf kurzfristige Schwankungen von Inflation oder Deflation nicht überreagieren.

Viele Menschen waren im Frühjahr 2011 wegen des kräftigen Anstiegs der Rohstoffpreise besorgt (wie z.B. Paul Ryan), sodass sie Ben Bernanke vorwarfen, am Wertverlust des US-Dollar Schuld zu sein. Der Fed-Chef hat hingegen gesagt, dass es keinen Grund zur Sorge gibt. Man solle einen Blick auf den Verlauf der Kerninflation werfen.

Was ist aber von der Behauptung zu halten, dass die Fed die Inflationsdaten verfälsche? Die Antwort ist einfach. Es gibt unabhängige Messgrössen für die Inflation wie z.B. das Billion Prices Project (BPP-Index). Der von der MIT zusammengestellte Index kommt zu bemerkenswerten ähnlichen Ergebnissen wie die vom offiziellen Verbraucherpreis-Index (CPI).


Billion Prices Project (BPP) , Graph: Prof. Paul Krugman

Exkurs: Der Index ist konstruiert worden, um über real-time Information in Sachen Inflation-Tendenzen bereitzustellen, nicht um die offizielle Inflationsdaten vorherzusagen. In den Index werden ständig neue Kategorien von Waren aufgenommen, welche von CPI (für Waren und Dienstleistungen) nicht zu 100% erfasst werden. Da die Preise von Dienstleistungen schwer zu ermitteln sind, werden sie vom BPP-Index nicht berücksichtigt.

Fazit: Das Kerninflation-Konzept ist nicht faul. Die Inflation ist wirklich gering.

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