Dienstag, 28. Mai 2013

Repo und Verknappung von sicheren Anlagen

Frank Wiebe befasst sich in seinem Blog im Handelsblatt mit Ben Bernanke und vor allem damit, wie der Fed-Präsident mit Abgeordneten und Senatoren in Capitol Hill über die gegenwärtige Situation der Geldpolitik diskutiert. Wiebe deutet u.a. auf einen im WSJ erschienenen Artikel („The Fed squeezes the Shadow-Banking System“) von Andy Kessler hin.

Der ehemalige Hedge Fonds Manager erklärt darin die QE-Politik der Fed für gescheitert und zeichnet Bernanke für Verzerrungen am Repo-Markt verantwortlich. Der Vorwurf lautet: Die Fed sitzt auf US-Staatsanleihen im Wert von 1‘800 Mrd. $, die sie im Rahmen der mengenmässigen Lockerung der Geldpolitik am Markt aufgekauft hat. Im Repo-Markt mangelt es daher an sicheren US-Treasury Bonds. Und der Wirtschaft fehle ein Kreditvolumen in Höhe von etwa 5‘000 Mrd. $.

Es sei sogar noch schlimmer, dass Bernanke nicht nur das US-Haushaltsdefizit gesteigert hat, sondern auch dem Lebensnerv der amerikanischen Wirtschaft durcheinander bringe. Die Fed hat, so die Argumentation, mit dem Versuch, die Wirtschaft durch den Kauf von US-Treasury Bonds anzukurbeln, einen Mangel an sicheren Anlagen (safe collateral) geschaffen, welche für das Kreditwesen im Schatten Banken System (shadow banking system) für die private Wirtschaft benötigt werden. Die mengenmässige Lockerung der Geldpolitik (QE: quantitative easing) erscheine m.a.W. als aussichtlos und laste auf dem Wachstum sowie der Beschäftigung.

Es kommt wie eine Modeerscheinung daher, dass die Hedge Fonds Manager in letzter Zeit öfters das Wort ergreifen, um Fed-Bashing zu betreiben. Viele Hedgies machen in diesen Tagen keinen Hehl daraus, dass sie Bernanke nicht ausstehen können.


Worum geht es? Im Grunde genommen geht es um die Frage, warum langfristige Zinsen so tief sind? Doch bevor man eine Antwort darauf gibt, ist man gut beraten, in Erinnerung zu rufen, dass langfristige Zinsen aus drei Komponenten bestehen, wie Bernanke im März dieses Jahres dargelegt hat: (1) Inflationserwartungen, (2) erwartete kurzfristige Zinsen (real) und (3) Laufzeitprämie (term premium). Die feste Verankerung der Inflationserwartungen ist aufgrund des glaubwürdigen Engagements der Fed für die Preisstabilität gegeben. Die erwarteten kurzfristigen Zinsen (real) sind aufgrund der gegenwärtigen Geldpolitik der US-Notenbank abwärtsgerichtet. Und die Laufzeitprämie ist niedrig, ja sogar zum Teil negativ.

Der Grund ist die hohe Nachfrage nach sicheren, liquiden und hochwertigen Anlagen, nicht nur durch private Investoren, sondern auch durch die Länder mit einem hohen Leistungsbilanzüberschuss. Während der safe-haven Status der US-Treasury Bonds die Laufzeitprämie unter Druck setzt, trägt auch das LSAP-Programm der Fed dazu bei, dass langfristige Zinsen niedrig bleiben. Alle drei Komponenten sind übrigens seit 2007 zurückgegangen.

Der Autor des Artikels im WSJ scheint aber die Kausalität auf den Kopf zu stellen. Im Sog der Finanzkrise von 2008 ist der Einsatz von Sicherheiten bei Finanztransaktionen in vielen Jurisdiktionen signifikant gestiegen. Die Tendenz ist steigend. Die Entwicklung wird zur Zeit vor allem durch das Geschehen im Markt und die regulatorischen Veränderungen angetrieben, was Bedenken im Hinblick auf reale und wahrgenommene Verknappung von Sicherheiten (collateral) und übermässige Verpfändung von Bankaktiven (asset encumbrance) im Rahmen der Finanzierung von Banken auslöst. Die Befürchtungen über eine Unterversorgung von sicheren und liquiden Anlagen (HQA: high-quality assets) sind nicht gerechtfertigt, schreibt die BIS (Bank for International Settlements) in einer heute vorgelegten Forschungsarbeit.

Es ist also nicht die Fed, sondern ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis von Investoren, die als Ursache für die verstärkte gesicherte (d.h. gedeckte) Refinanzierung gilt. Denn es kam nach dem Ausbruch der Finanzkrise zu einer Verlagerung von einer ungedeckten hin zu einer gedeckten Refinanzierung im Interbankenhandel. Kreditinstitute und Finanzintermediäre halten sich ferner wegen Zweifeln an der Solvenz der Banken zurück und investieren weniger in unbesicherte Anleihen der Banken. Deswegen sind die Banken zu besicherten Formen der Refinanzierung übergegangen. Das sind v.a. Pfandbriefe (covered bonds), Repo-Geschäfte (repurchase aggrements) und in der jüngsten Zeit auch die LTROs der EZB. 

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass mit dem zunehmenden Anteil der besicherten Finanzierung auch Asset Encumbrance (gegenüber bestimmten Investoren vorrangig abgetretene Bankaktiven) ansteigt, was im Insolvenzfall die Ansprüche der Gläubiger von unbesicherten Anleihen beeinträchtigen dürfte.

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