Frank Wiebe befasst sich in seinem Blog im Handelsblatt mit Ben Bernanke und vor allem damit, wie der Fed-Präsident mit Abgeordneten und Senatoren in Capitol Hill über die gegenwärtige Situation der Geldpolitik diskutiert. Wiebe deutet u.a. auf einen im WSJ erschienenen Artikel („The Fed squeezes the Shadow-Banking System“) von Andy Kessler hin.
Der ehemalige Hedge Fonds Manager
erklärt darin die QE-Politik der Fed für gescheitert und zeichnet Bernanke für
Verzerrungen am Repo-Markt
verantwortlich. Der Vorwurf lautet: Die Fed sitzt auf US-Staatsanleihen im Wert
von 1‘800 Mrd. $, die sie im Rahmen der mengenmässigen Lockerung der
Geldpolitik am Markt aufgekauft hat. Im Repo-Markt mangelt es daher an sicheren
US-Treasury Bonds. Und der Wirtschaft fehle ein Kreditvolumen in Höhe von etwa 5‘000
Mrd. $.
Es sei sogar noch schlimmer, dass
Bernanke nicht nur das US-Haushaltsdefizit gesteigert hat, sondern auch dem
Lebensnerv der amerikanischen Wirtschaft durcheinander bringe. Die Fed hat, so
die Argumentation, mit dem Versuch, die Wirtschaft durch den Kauf von
US-Treasury Bonds anzukurbeln, einen Mangel an sicheren Anlagen (safe collateral) geschaffen, welche für das
Kreditwesen im Schatten Banken System (shadow
banking system) für die private Wirtschaft benötigt werden. Die
mengenmässige Lockerung der Geldpolitik (QE: quantitative easing) erscheine m.a.W. als aussichtlos und laste auf
dem Wachstum sowie der Beschäftigung.
Es kommt wie eine Modeerscheinung
daher, dass die Hedge Fonds Manager in letzter Zeit öfters das Wort ergreifen,
um Fed-Bashing zu betreiben. Viele Hedgies machen in diesen Tagen keinen Hehl daraus, dass sie Bernanke
nicht ausstehen können.
Worum geht es? Im Grunde genommen geht es um die
Frage, warum langfristige Zinsen so tief sind? Doch bevor man eine Antwort
darauf gibt, ist man gut beraten, in Erinnerung zu rufen, dass langfristige Zinsen
aus drei Komponenten bestehen, wie Bernanke im März dieses Jahres dargelegt hat: (1) Inflationserwartungen, (2)
erwartete kurzfristige Zinsen (real) und (3) Laufzeitprämie (term premium). Die feste Verankerung der Inflationserwartungen ist aufgrund des
glaubwürdigen Engagements der Fed für die Preisstabilität gegeben. Die erwarteten
kurzfristigen Zinsen (real) sind aufgrund der gegenwärtigen Geldpolitik der
US-Notenbank abwärtsgerichtet. Und die Laufzeitprämie ist niedrig, ja sogar zum
Teil negativ.
Der Grund ist die hohe Nachfrage
nach sicheren, liquiden und hochwertigen Anlagen, nicht nur durch private
Investoren, sondern auch durch die Länder mit einem hohen
Leistungsbilanzüberschuss. Während der safe-haven
Status der US-Treasury Bonds die Laufzeitprämie unter Druck setzt, trägt auch
das LSAP-Programm der Fed dazu bei, dass langfristige Zinsen niedrig bleiben. Alle drei
Komponenten sind übrigens seit 2007 zurückgegangen.
Der Autor des Artikels im WSJ
scheint aber die Kausalität auf den Kopf zu stellen. Im Sog der Finanzkrise von
2008 ist der Einsatz von Sicherheiten bei Finanztransaktionen in vielen
Jurisdiktionen signifikant gestiegen. Die Tendenz ist steigend. Die Entwicklung
wird zur Zeit vor allem durch das Geschehen im Markt und die regulatorischen Veränderungen
angetrieben, was Bedenken im Hinblick auf reale und wahrgenommene Verknappung
von Sicherheiten (collateral) und
übermässige Verpfändung von Bankaktiven (asset
encumbrance) im Rahmen der Finanzierung von Banken auslöst. Die
Befürchtungen über eine Unterversorgung von sicheren und liquiden Anlagen (HQA:
high-quality assets) sind nicht
gerechtfertigt, schreibt die BIS (Bank for International Settlements) in einer heute vorgelegten Forschungsarbeit.
Es ist also nicht die Fed,
sondern ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis von Investoren, die als Ursache für
die verstärkte gesicherte (d.h. gedeckte) Refinanzierung gilt. Denn es kam nach
dem Ausbruch der Finanzkrise zu einer Verlagerung von einer ungedeckten hin zu einer gedeckten Refinanzierung im
Interbankenhandel. Kreditinstitute und Finanzintermediäre halten sich ferner wegen
Zweifeln an der Solvenz der Banken zurück und investieren weniger in
unbesicherte Anleihen der Banken. Deswegen sind die Banken zu besicherten Formen
der Refinanzierung übergegangen. Das sind v.a. Pfandbriefe (covered bonds), Repo-Geschäfte (repurchase aggrements) und in der
jüngsten Zeit auch die LTROs der EZB.
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang,
dass mit dem zunehmenden Anteil der besicherten Finanzierung auch Asset Encumbrance (gegenüber bestimmten
Investoren vorrangig abgetretene Bankaktiven) ansteigt, was im Insolvenzfall
die Ansprüche der Gläubiger von unbesicherten Anleihen beeinträchtigen dürfte.
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