Der
EUR/CHF Wechselkurs ist gestern über 1,230
gestiegen. Es gab Gerüchte, wonach ein Hedge Funds mit dem Kauf von EUR/CHF
Call-Optionen die Entwicklung ausgelöst hat. Ein Euro hat heute im Tagesverlauf
an der Spitze sogar 1.2349 Franken
gekostet.
In
einem gestern erschienenen Bericht in der gut informierten Finanz & Wirtschaft
ist vom „Rätsel des schwachen Franken“ die Rede. Es gibt aber triftige Gründe,
warum der CHF seit geraumer Zeit nicht mehr ganz als Safe Hafen gehandelt wird.
Wie
das Bundesamt für Statistik heute mitgeteilt hat, verläuft der
Verbraucherpreisindex (CPI)* in der Schweiz den 19. Monat in Folge negativ. Trotz der am 6. September 2011 festgelegten
Mindestkurs treibt der anhaltende Rückgang der Importpreise die Deflation hierzulande an. Die Preise
der Importgüter sind zuletzt im April um 2,8% innert Jahresfrist gesunken. Vor
diesem Hintergrund hat die SNB nach wie vor Spielraum, am Kurs der
mengenmässigen Lockerung der Geldpolitik festzuhalten, bis der Staub sich in
den internationalen Finanzmärkten gelegt hat, ohne Inflation befürchten zu
müssen.
Die
Geldmarktsätze sind in der Schweiz seit fast zwei Jahren negativ. Auch
Staatspapiere mit 2 und 3 Jahren Laufzeit weisen heute negative Renditen (-0,049%
resp. -0,048%) auf.
Die
Investoren scheinen keinen Zweifel daran zu haben, dass die
SNB den Devisenmarkt fest im Griff hat. Die Devisenbestände der SNB sind
zuletzt von 438,3 Mrd. CHF im März auf 433,6 Mrd. CHF im April gefallen, wie
die SNB gestern mitgeteilt hat. Es mehren sich Anzeichen, dass der Schweizer
Franken im heutigen Umfeld des Marktes viel mehr als Funding Currency als Safe Haven gehandhabt wird.
CHF
und Carry Trades, Graph: Dewet Moser,
SNB, März 2013
Verschuldung
in CHF und Anlage z.B. in EUR zwecks Vereinnahmung der Zinsdifferenz
Es
ist in diesem Kontext interessant, sich zu vergegenwärtigen, dass der
Safe-Haven-Status des Schweizer Frankens nicht im Allgemeinen gilt, wie eine im
April 2013 durch die SNB veröffentlichte Forschungsarbeit („On financial risk and the safe haven characteristics of Swiss franc
exchange rates“) betont. Der CHF verhält sich nicht gegen alle Währungen
als einen sicheren Hafen. Der USD, Yen und der Pfund bieten eine bessere
Absicherung gegen globale Risiken als der CHF. Diese Ergebnisse reflektieren
möglicherweise die geringe Grösse des Schweizer Frankens an den Kapitalmärkten
und damit die begrenzte Liquidität im Markt.
Es
ist u.a. auch ein Grund dafür, warum die SNB im Rahmen ihrer QE-Politik (quantitative easing) im offenen Markt
Devisen anstatt in CHF denominierte Staatspapiere ankauft, weil es eben nicht
so viele Staatsanleihen in CHF gibt wie z.B. in Euro.
Trotz
des Mindestkurses musste am Anfang für eine Absicherung gegen eine Aufwertung
des CHF mehr bezahlt werden als für eine Absicherung gegen eine Abwertung. Da
die Risk Reversals sich inzwischen
wieder gedreht haben, ist anzunehmen, dass die Suche nach einem sicheren Hafen
abgenommen hat. Das heisst, dass die Investoren Potenzial für eine weitere
Abschwächung des CHF zum Euro sehen.
Risk
Reversal (blaue Linie) CHF und, Graph:
Dewet Moser, SNB, März 2013
Risk
Reversal = Preis einer Call-Option – Preis einer Put-Option auf EUR/CHF
In
Italien ist eine neue Regierung gebildet worden. Frankreich wehrt sich
offiziell gegen die von Brüssel und Berlin verordnete Politik des Liquidationismus. In Deutschland gibt es im September Wahlen. Die EZB hat sich einsichtig gezeigt und
vergangene Woche die Zinsen gesenkt. Die Zinsspreads werden in der Eurozone enger. Japan will mit Abenomics die Bilanz-Rezession endgültig aus der Welt schaffen. Die Investoren
erwarten das Ende der harschen Austeritätspolitik in Europa.
Fakt
ist, dass sowohl die realisierte als auch die erwartete Volatilität seit der
Einführung des Mindestkurses am 6. September 2011 auf ein sehr tiefes Niveau
gefallen sind.
Auch
Kapitalausflüsse aus der Schweiz würden für eine Abschwächung des CHF sorgen,
wie die Analysten von Credit Suisse
in einem Monatsbericht (Mai 2013, Research
Monthly) berichten. Da in der Schweiz ansässige Anleger ausländische Vermögenswerte
kaufen, wird ein Teil der Zuflüsse im Ausland „recycelt“.
Sogar
die SNB hat inzwischen den Aktienanteil an den Devisenanlagen von 12% auf 15%
erhöht.
(*)
In der Schweiz ist auch die Kerninflation rückgängig. Im April lag die um die Sondereffekte bereinigte
Inflationsrate um 0,6% niedriger als der Vorjahreswert.
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