Freitag, 31. Mai 2013

Politik, Lebensmittelmarken und hungrige Kinder

Paul Krugman schreibt in seiner lesenswerten Kolumne (“From the Mouths of Babes”) am Freitag in NYTimes, dass er Berichte über Vorgänge in der Politik i.d.R. mit einer Art von müdem Zynismus liest. Hin und wieder tun Politiker etwas so falsch, inhaltlich und moralisch, dass der Zynismus einfach nichts bringt. Es ist stattdessen Zeit, wirklich wütend zu werden. So ist es mit dem hässlichen, zerstörerischen Krieg gegen Lebensmittelmarken (food stamps), hebt der Träger des Wirtschaftsnobelpreises hervor.

Lebensmittelmarken haben in den vergangenen Jahren eine besonders nützliche (tatsächlich fast heroische) Rolle gespielt. In der Tat haben sie eine dreifache Aufgabe erledigt. Die Lebensmittelmarken haben die Elend von Millionen von Arbeitsnehmern, die ihre Arbeitsplätze verloren haben, deutlich gemildert. Die Lebensmittelgutscheine waren insbesondere für die Kinder hilfreich.

Es gibt aber mehr: Wir brauchen dringend eine öffentliche Politik für vorübergehend höhere Ausgaben. Und der Ausbau von Lebensmittelmarken ist nur eine solche Politik, erklärt Krugman. Schätzungen von Moody’s Analytics zufolge erhöht jeder für die Essensmarken ausgegebene Dollar das BIP um ca. 1,70$ in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft. Lebensmittelmarken reduzieren die Unsicherheit in Sachen Ernährung der Kinder der Familien mit niedrigem Einkommen, was die Chancen erheblich steigert, dass diese Kinder zu erfolgreichen und produktiven Erwachsenen werden. Die Essensmarken sind daher eine Investition in die Zukunft des Landes.

Was wollen die Republikaner mit diesem musterhaften Programm tun? Sie wollen es zunächst verkleinern und dann effektiv abschaffen. Der schrumpfende Teil kommt aus dem Landwirtschaftsgesetz, erlassen durch den Ausschuss für die Landwirtschaft im Repräsentantenhaus. Dieses Gesetz wird 2 Millionen Menschen aus dem Programm ausschneiden, hält Krugman fest.



Supplemental Nutrition Assistance Programm (SNAP), Graph: Budget and Policy Priorities (cbpp)


Diese Kürzungen sind jedoch nur der Anfang. Man erinnere sich daran, dass Paul Ryans Haushaltsvorschlag noch immer die offizielle Position der GOP ist. Und die Vorlage fordert die Umwandlung von Essensmarken in ein Block-Grant-Program, und zwar mit stark verringerten Ausgaben. Tritt diese Vorlage in Kraft, während die Great Recession zuschlägt, würde es erheblich mehr Not bedeuten, einschliesslich des Hungers von Millionen von Amerikanern und Kindern im Besonderen.

Die angebliche Begründung ist klar, unterstreicht Krugman. Wir werden zu einem Land von Abnehmern (a nation of takers) und Fütterung von Kindern. Und die angemessene gesundheitliche Versorgung von Kindern schafft eine Kultur der Abhängigkeit. Und diese Kultur der Abhängigkeit, nicht die ausser Kontrolle geratene Banker, hat uns irgendwie in eine Wirtschaftskrise geführt, legt Krugman ironisch dar. 

Aber Krugman fragt sich, ob auch Republikaner wirklich daran glauben. Oder ob sie sich zumindest auf ihre Diagnose verlassen können, um die Politik zu rechtfertigen, die mehr oder weniger die Nahrung aus den Mündern der hungrigen Kinder nimmt. Wie gesagt, es gibt Zeiten, wo Zynismus einfach nichts bringt. Es ist daher Zeit, wirklich wirklich böse zu werden.

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