Das
wirtschaftliche Argument für die Austeritätspolitik (Kürzung der Staatsausgaben
im Angesicht einer schwer angeschlagenen Wirtschaft) ist auseinander gefallen.
Die
Behauptungen, dass Ausgabenkürzungen die Beschäftigung durch Förderung des
Vertrauens ankurbeln würden, sind zerfallen.
Auch
die These, dass es eine Art rote Linie im Hinblick auf die Staatsverschuldung
(90%) im Vergleich zum BIP gibt, hat sich als mathematisch fehlerhaft erwiesen.
Vorhersagen
über eine bevorstehende Haushaltskrise bewahrheiten sich nicht. Was zutrifft,
ist, dass die harsche Austeritätspolitik eine Katastrophe bedeutet, wie Paul Krugman in seiner lesenswerten
Kolumne („The Chutzpah Caucus“) am
Montag in NYTimes schildert.
Doch
die Aufforderung, von der destruktiven Hinwendung zu Austeritätspolitik abzukehren,
kann sich nach wie vor schwer durchsetzen. Zum Teil wegen des weit verbreiteten,
tief sitzenden Zynismus darüber, dass die demokratischen Regierungen, wenn sie einmal
für Konjunkturpakete (stimulus) schnüren,
einen Kurswechsel in Zukunft angeblich nicht durchführen können.
Krugman
hält es daher für eine gute Zeit, darauf hinzuweisen, dass dieser Zynismus,
welcher realistisch und weltweit abgeklärt klinge, eigentlich eine reine
Fantasie ist.
Die
Beendigung von Konjunkturprogrammen war in der Tat nie ein Problem, erläutert
der an der University of Princeton
lehrende Wirtschaftsprofessor. Die Geschichte zeigt, dass die Konjunkturpakete
fast immer zu früh zu Ende gingen. Keynesianische Ökonomen sagen nicht einfach,
dass man in schlechten Zeiten Haushaltsdefizite einfahren müsse, sondern man
soll die Schulden in guten Zeiten abbauen, legt Krugman dar.
Arbeitslosenunterstützung
im Vergleich zum BIP in den USA, Graph: Prof. Paul Krugman
Die
entscheidende Messgrösse ist die Schuldenstandsquote (debt to GDP ratio). Wenn man sich die USA seit dem Ende des Zweiten
Weltkriegs anschaut, stellt man fest, dass 7 von 10 Präsidenten (Vorgänger von
Barack Obama) das Amt mit einer geringeren Schuldenstaatsquote verliessen als sie
es beim Amtsantritt hatten. Wer sind die drei Ausnahmen? Ronald Reagan und die
zwei George Bush. Der Anstieg der Verschuldung, die weder mit einem Krieg noch
mit einer aussergewöhnlichen Finanzkrise zu tun hat, stehen vollkommen mit
hard-line konservativen Regierungen im Zusammenhang.
Und
es gibt einen Grund für diese Verbindung: US Konservative folgen einer
Strategie von „starving the beast“:
Steuern werden gesenkt, und auf diese Weise werden dem Staat die Einnahmen
beraubt, die die öffentliche Hand für populäre Programme braucht.
Das
Komische daran ist, dass die Hardliner gerade jetzt verkünden, dass wir kein
Haushaltsdefizit einfahren dürfen, wenn die Wirtschaft in einer Krise steckt.
Warum? Weil, sagen sie, die Politiker nicht das Richtige tun und die Schulden
in guten Zeiten abbauen. Und Wer sind aber diese unverantwortliche Politiker,
über die sie sprechen? Aber sie selbst!
Lebensmittelgutscheine
im Vergleich zum BIP in den USA, Graph: Prof. Paul Krugman
Das
klingt wie eine fiskalpolitische Version der klassischen Definition von Chuzpe,
legt Krugman dar, nämlich, dass jemand, der seine Eltern tötet und dann um
Sympathie bittet, weil er nun ein Waisenkind ist. Die Konservativen sagen, dass
wir die Gürtel enger schnallen müssen, trotz der Massenarbeitslosigkeit, weil
sonst künftige Konservative Haushaltsdefizite einfahren würden, wenn die Zeiten
sich wieder verbessern.
Das hört sich natürlich
töricht an. Aber ist es nicht. Es ist tragisch. Die katastrophale Hinwendung zu
Austerität hat Millionen von Arbeitsplätzen vernichtet und viele Leben
ruiniert. Es ist nun Zeit für eine Kehrtwende.
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