Montag, 6. Mai 2013

Konservative und Haushaltsdefizite


Das wirtschaftliche Argument für die Austeritätspolitik (Kürzung der Staatsausgaben im Angesicht einer schwer angeschlagenen Wirtschaft) ist auseinander gefallen.

Die Behauptungen, dass Ausgabenkürzungen die Beschäftigung durch Förderung des Vertrauens ankurbeln würden, sind zerfallen.

Auch die These, dass es eine Art rote Linie im Hinblick auf die Staatsverschuldung (90%) im Vergleich zum BIP gibt, hat sich als mathematisch fehlerhaft erwiesen.

Vorhersagen über eine bevorstehende Haushaltskrise bewahrheiten sich nicht. Was zutrifft, ist, dass die harsche Austeritätspolitik eine Katastrophe bedeutet, wie Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („The Chutzpah Caucus“) am Montag in NYTimes schildert.

Doch die Aufforderung, von der destruktiven Hinwendung zu Austeritätspolitik abzukehren, kann sich nach wie vor schwer durchsetzen. Zum Teil wegen des weit verbreiteten, tief sitzenden Zynismus darüber, dass die demokratischen Regierungen, wenn sie einmal für Konjunkturpakete (stimulus) schnüren, einen Kurswechsel in Zukunft angeblich nicht durchführen können.

Krugman hält es daher für eine gute Zeit, darauf hinzuweisen, dass dieser Zynismus, welcher realistisch und weltweit abgeklärt klinge, eigentlich eine reine Fantasie ist.

Die Beendigung von Konjunkturprogrammen war in der Tat nie ein Problem, erläutert der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor. Die Geschichte zeigt, dass die Konjunkturpakete fast immer zu früh zu Ende gingen. Keynesianische Ökonomen sagen nicht einfach, dass man in schlechten Zeiten Haushaltsdefizite einfahren müsse, sondern man soll die Schulden in guten Zeiten abbauen, legt Krugman dar.


Arbeitslosenunterstützung im Vergleich zum BIP in den USA, Graph: Prof. Paul Krugman

Die entscheidende Messgrösse ist die Schuldenstandsquote (debt to GDP ratio). Wenn man sich die USA seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs anschaut, stellt man fest, dass 7 von 10 Präsidenten (Vorgänger von Barack Obama) das Amt mit einer geringeren Schuldenstaatsquote verliessen als sie es beim Amtsantritt hatten. Wer sind die drei Ausnahmen? Ronald Reagan und die zwei George Bush. Der Anstieg der Verschuldung, die weder mit einem Krieg noch mit einer aussergewöhnlichen Finanzkrise zu tun hat, stehen vollkommen mit hard-line konservativen Regierungen im Zusammenhang.

Und es gibt einen Grund für diese Verbindung: US Konservative folgen einer Strategie von „starving the beast“: Steuern werden gesenkt, und auf diese Weise werden dem Staat die Einnahmen beraubt, die die öffentliche Hand für populäre Programme braucht.

Das Komische daran ist, dass die Hardliner gerade jetzt verkünden, dass wir kein Haushaltsdefizit einfahren dürfen, wenn die Wirtschaft in einer Krise steckt. Warum? Weil, sagen sie, die Politiker nicht das Richtige tun und die Schulden in guten Zeiten abbauen. Und Wer sind aber diese unverantwortliche Politiker, über die sie sprechen? Aber sie selbst!


Lebensmittelgutscheine im Vergleich zum BIP in den USA, Graph: Prof. Paul Krugman

Das klingt wie eine fiskalpolitische Version der klassischen Definition von Chuzpe, legt Krugman dar, nämlich, dass jemand, der seine Eltern tötet und dann um Sympathie bittet, weil er nun ein Waisenkind ist. Die Konservativen sagen, dass wir die Gürtel enger schnallen müssen, trotz der Massenarbeitslosigkeit, weil sonst künftige Konservative Haushaltsdefizite einfahren würden, wenn die Zeiten sich wieder verbessern.

Das hört sich natürlich töricht an. Aber ist es nicht. Es ist tragisch. Die katastrophale Hinwendung zu Austerität hat Millionen von Arbeitsplätzen vernichtet und viele Leben ruiniert. Es ist nun Zeit für eine Kehrtwende.

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