Während an den Aktienmärkten neue Rekorde verbucht werden, gibt es in diesen Tagen eine zunehmende Anzahl der Kommentatoren (hier, hier und hier), die ein jähes Ende der Euphoriegefühle an der Börse voraussagen.
Die Begründung: Die Notenbanken werden
die QE-Politik demnächst abschliessen. Die Idee ist, dass die Fed mit der mengenmässigen
Lockerung der Geldpolitik (d.h. quantitative easing) die Wirtschaft via Aktienmärkte
ankurbelt. Steigen die Aktienpreise, fühlen sich die privaten Haushalte reicher
und erhöhen den Konsum. Das heisst, dass die Notenbank die Wirtschaft mittels
Wealth Effect stützt.
Glaubt aber Ben Bernanke tatsächlich
daran, dass die QE-Politik sich nur über den Wealth Effect entfalten kann?
Nein. Fed-Chef hat den ganzen Zusammenhang in seinem Referat („Monetary Policy since the Onset of the Crisis“) über die Portfolio
Balance Impact in Jackson Hole geschildert. Die QE-Politik wirkt sich durch
eine Vielzahl von Kanälen wie Zins, Kredit, Wechselkurs usw. aus, genau wie
die traditionelle Zinspolitik. Es gibt aber auch andere Kanäle, wie die mengenmässige
Lockerung der Geldpolitik durchschlägt.
Bernanke sieht die QE-Politik also
nicht einzig durch die Aktien-Preise (Vermögenseffekt) wirken, wie Tim Duy in seinem Blog unterstreicht. Die oben verlinkten
Kommentatoren wollen uns aber weismachen, dass Bernankes einziges Ziel ist, die
Aktienkurse höher zu treiben.
Wirkungskanäle der Geldpolitik, Graph: Prof. Frederick Mishkin
Martin Feldstein behauptet z.B., dass es unmöglich ist, zu wissen, was passiert
wäre, wenn es die QE-Politik nicht gegeben hätte. Bernanke erläutert dazu, dass
ökonometrische Modelle verwendet werden können, um herauszufinden, wie die
Auswirkungen von LSAP (Anleihe-Kaufprogramm) auf die Wirtschaft
zu schätzen sind. Modelsimulationen, die durch die Fed durchgeführt sind,
stellen laut Bernanke fest, dass der Ankauf von Wertschriften helfen, die
Wirtschaft zu stützen. Ob man es gern hört oder nicht. Die QE-Politik hat sich
bisher als erfolgreich erwiesen. Der sog. Wealth Effect ist nur einer der
Kanäle, wodurch die Geldpolitik zur Entfaltung kommt.
Auch Antonio Fatas befasst sich in seinem Blog mit dem Thema, ob die Zentralbanken heute mit Liquiditätsflut via QE
für die Stimmung sorgen und damit einfach Fehlbewertungen und Blasen an den
Finanzmärkte auslösen. Wenn niemand investieren oder konsumieren will, sind die
Zinsen niedrig. Diesmal sind die Zinsen aussergewöhnlich niedrig, weil sie
durch eine historisch schwere Krise angetrieben werden, erklärt der an der
INSEAD lehrende Wirtschaftsprofessor.
Und er ruft in Erinnerung, dass
die Zinsen derzeit pratisch überall niedrig sind, nicht nur in den Ländern, wo
eine QE-Politik durchgeführt wird. In allen Ländern der Region Asien-Pasifik
sind die Realzinsen negativ. Man kann die Schuld sicherlich Bernanke in die
Schuhe schieben, dass er mit Geldspritzen die Liquidität auch über die Ozeane
hinaus erhöht. Aber es stimmt nicht. In einer Welt mit ziemlich gut
integrierten Kapitalmärkten sind die Renditen überall ähnlich, erklärt Fatas.
Es ist das Gleichgewicht zwischen Realströmen, die zu meist hinter dem „abnormalen
Verlauf“ in den Finanzmärkten stehen, was laut Fatas völlig missverstanden
wird.
Wenn die Märkte plötzlich
erfahren, dass die Fundamentals der Weltwirtschaft die Realverzinsung der
sicheren Anlagen nach unten drücken, dann ist zu erwarten, dass die Preise der
Vermögenswerte steigen, um das neue Gleichgewicht herzustellen. Was wir nicht
erwarten sollten, ist, dass die Aktienwerte weiter steigen. Die Aktienpreise
steigen, bis die Erträge im Gleichgewicht in allen Asset-Klassen niedrig sind. Und
das ist die grösste Quelle der Verwirrung in den Kommentaren, die wir in diesen
Tage lesen.
Update:
Die
Schlussfolgerung aus den Warnungen davor, dass die QE-Politik einen explosiven
Anstieg der Inflation auslösen werde, ist, dass die Argumentation sich als starrköpfig
erwiesen hat wie es sein kann, bemerkt Neil
Irwin im Wonk Blog: Die
Inflation ist überall auf der Welt niedrig.
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