Freitag, 17. Mai 2013

Funktioniert die QE-Politik nur via Vermögenseffekt?


Während an den Aktienmärkten neue Rekorde verbucht werden, gibt es in diesen Tagen eine zunehmende Anzahl der Kommentatoren (hier, hier und hier), die ein jähes Ende der Euphoriegefühle an der Börse voraussagen.

Die Begründung: Die Notenbanken werden die QE-Politik demnächst abschliessen. Die Idee ist, dass die Fed mit der mengenmässigen Lockerung der Geldpolitik (d.h. quantitative easing) die Wirtschaft via Aktienmärkte ankurbelt. Steigen die Aktienpreise, fühlen sich die privaten Haushalte reicher und erhöhen den Konsum. Das heisst, dass die Notenbank die Wirtschaft mittels Wealth Effect stützt.

Glaubt aber Ben Bernanke tatsächlich daran, dass die QE-Politik sich nur über den Wealth Effect entfalten kann? Nein. Fed-Chef hat den ganzen Zusammenhang in seinem Referat („Monetary Policy since the Onset of the Crisis“) über die Portfolio Balance Impact in Jackson Hole geschildert. Die QE-Politik wirkt sich durch eine Vielzahl von Kanälen wie Zins, Kredit, Wechselkurs usw. aus, genau wie die traditionelle Zinspolitik. Es gibt aber auch andere Kanäle, wie die mengenmässige Lockerung der Geldpolitik durchschlägt.

Bernanke sieht die QE-Politik also nicht einzig durch die Aktien-Preise (Vermögenseffekt) wirken, wie Tim Duy in seinem Blog unterstreicht. Die oben verlinkten Kommentatoren wollen uns aber weismachen, dass Bernankes einziges Ziel ist, die Aktienkurse höher zu treiben.


Wirkungskanäle der Geldpolitik, Graph: Prof. Frederick Mishkin

Martin Feldstein behauptet z.B., dass es unmöglich ist, zu wissen, was passiert wäre, wenn es die QE-Politik nicht gegeben hätte. Bernanke erläutert dazu, dass ökonometrische Modelle verwendet werden können, um herauszufinden, wie die Auswirkungen von LSAP (Anleihe-Kaufprogramm) auf die Wirtschaft zu schätzen sind. Modelsimulationen, die durch die Fed durchgeführt sind, stellen laut Bernanke fest, dass der Ankauf von Wertschriften helfen, die Wirtschaft zu stützen. Ob man es gern hört oder nicht. Die QE-Politik hat sich bisher als erfolgreich erwiesen. Der sog. Wealth Effect ist nur einer der Kanäle, wodurch die Geldpolitik zur Entfaltung kommt.

Auch Antonio Fatas befasst sich in seinem Blog mit dem Thema, ob die Zentralbanken heute mit Liquiditätsflut via QE für die Stimmung sorgen und damit einfach Fehlbewertungen und Blasen an den Finanzmärkte auslösen. Wenn niemand investieren oder konsumieren will, sind die Zinsen niedrig. Diesmal sind die Zinsen aussergewöhnlich niedrig, weil sie durch eine historisch schwere Krise angetrieben werden, erklärt der an der INSEAD lehrende Wirtschaftsprofessor.

Und er ruft in Erinnerung, dass die Zinsen derzeit pratisch überall niedrig sind, nicht nur in den Ländern, wo eine QE-Politik durchgeführt wird. In allen Ländern der Region Asien-Pasifik sind die Realzinsen negativ. Man kann die Schuld sicherlich Bernanke in die Schuhe schieben, dass er mit Geldspritzen die Liquidität auch über die Ozeane hinaus erhöht. Aber es stimmt nicht. In einer Welt mit ziemlich gut integrierten Kapitalmärkten sind die Renditen überall ähnlich, erklärt Fatas. Es ist das Gleichgewicht zwischen Realströmen, die zu meist hinter dem „abnormalen Verlauf“ in den Finanzmärkten stehen, was laut Fatas völlig missverstanden wird.

Wenn die Märkte plötzlich erfahren, dass die Fundamentals der Weltwirtschaft die Realverzinsung der sicheren Anlagen nach unten drücken, dann ist zu erwarten, dass die Preise der Vermögenswerte steigen, um das neue Gleichgewicht herzustellen. Was wir nicht erwarten sollten, ist, dass die Aktienwerte weiter steigen. Die Aktienpreise steigen, bis die Erträge im Gleichgewicht in allen Asset-Klassen niedrig sind. Und das ist die grösste Quelle der Verwirrung in den Kommentaren, die wir in diesen Tage lesen.


Update:
Die Schlussfolgerung aus den Warnungen davor, dass die QE-Politik einen explosiven Anstieg der Inflation auslösen werde, ist, dass die Argumentation sich als starrköpfig erwiesen hat wie es sein kann, bemerkt Neil Irwin im Wonk Blog: Die Inflation ist überall auf der Welt niedrig.



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