Sonntag, 12. Mai 2013

Interbankengeschäfte


Ben Bernanke hat am Freitag in einem Referat („Monitoring the Financial System“) auf einer Banking-Konferenz der Chicago Fed vor Risiken am dem Interbankenmarkt (wholesale funding) gewarnt. Beträchliche Risiken verbleiben in den Märkten für kurzfristige Finanzierungen der Banken untereinander. Eines der wichtigsten Risiken sei, wie das System auf das Scheitern eines Broker-Dealer oder eines anderen grossen Kreditnehmers reagieren würde, so Fed-Präsident.

Es sei noch mehr Arbeit nötig, um die Investoren und andere Marktteilnehmer darauf vorzubereiten, um mit möglichen Folgen eines Zahlungsverzugs (default) eines grossen Marktteinehmers im Repo-Markt vorzubereiten. Die Möglichkeit eines Sturms auf dem Geldmarkt  (run on money-market funds) bleibe noch bestehen.

Die Finanzkrise hat vor Augen geführt, dass der Markt für Repo-Geschäfte (repurchase agreement funding)  ziemlich anfällig war. Tauchen Fragen im Hinblick auf die Art und den Wert der Sicherheiten auf, erhöhen die Kreditgeber entweder die Sicherheitsleistungen für die Hinterlegungen oder sie ziehen sich aus dem Markt völlig zurück. Die Kreditnehmer, die nicht in der Lage sind, margin calls (Sicherheitsleistungen) zu erfüllen, sehen sich gezwungen, zu verkaufen, womit die Preise von Vermögenswerten unter Druck geraten und ein Zyklus des Schuldenabbaus (deleveraging) in Gang gesetzt wird.

Im Interbankengeschäft leihen sich die Banken gegenseitig für kurze Zeiträume Geld aus. Der Zinssatz dazu gilt nur im Interbankengeschäft. Der Interbankenmarkt ist für die Banken die wichtigste Quelle für die Versorgung von liquiden Mitteln, um Engpässe im täglichen Kreditgeschäft zu vermeiden.

Exkurs:

Geldmarktfonds

Die Geldmarktfonds sind im Grunde genommen Investmentfonds, wo man einzelne Anteile kaufen kann. Der Fonds investiert das Geld in kurzfristige liquide Wertpapiere. Die Geldmarktfonds, die für einen Anteil i.d.R. einen Preis von 1$ beibehalten, werden hauptsächlich von institutionellen Investoren (wie z.B. Rentenfonds) genutzt. Eine Pensionskasse mit 30 Mrd. $ Cash bringt das Geld nicht in eine Bank, sondern in einen Geldmarktfonds, weil so viel Geld von der Einlagensicherung nicht erfasst wird. Denn es gibt eine Obergrenze von 250‘000$ für die von der Einlagensicherung geschützten Gelder (FDIC).

Ein Rentenfonds legt also das Geld in Geldmarktfonds., wo für 1$ wieder 1$ versprochen wird, plus etwas Zins. Da die Money Markt Funds die Gelder kurfristig in sichere und liquide Wertschriften investieren, bieten sie für Unternehmen eine gute Gelegenheit, um Cash-Bestände bequem zu verwalten. Die Unternehmen, die in Geldmarktfonds  investieren, gehen davon aus, dass das Geld zwar nicht versichert ist, aber jedezeit wieder abgezogen werden kann: 1 zu 1, wie auf einem Bankkonto. Die Geldmarkt Fonds kaufen mit den eingezahlten Geldern meistens Commercial Papers, was die Verwaltung von Cash erleichtert. Die Commercial Papers werden wiederum von grossen Unternehmen (wie z.B. GM oder Caterpillar) ausgegeben, mit einer Laufzeit von 90 Tagen oder weniger. Aber auch Finanzunternehmen und Banken machen von der Emission von Commercial Papers einen regen Gebrauch, um sich kurzfristig zu finanzieren.

Was ist 2008 passiert? Lehman Brothers hat eine Schockwelle ausgelöst. Lehman ist eine Investmentbank. Da es keine Bank ist, wurde sie von der Fed nicht beaufsichtigt. Lehman hatte hohe Bestände an Wertpapieren. Da es eben keine Bank war, hat es keine Kundeneinlagen entgegengenommen. Es hat sich am Interbankenmarkt und zusätzlich am Markt für Commercial Papers finanziert. Lehman hat zudem viel in mit Hypotheken-gesicherten Wertpapieren investiert. Nachdem Platzen der Immobilien-Blase hat Lehman angefangen, Geld zu verlieren. Und die Kreditgeber haben darauf hin das Vertauen in Lehmans Geschäfte verloren. Die Investoren haben sich geweigert, die Finanzierungsgeschäfte mit Lehman zu verlängern (roll over). Die Gegenparteien sagten, dass sie nicht mehr bereit seien, mit Lehman Geschäfte (z.B. mit Commercial Papers) abzuwickeln. Lehman hatte Mühe, sich kurzfristig zu refinanzieren, sodas die Investmentbank am 15. September Bankrott erklärt hat.

Das Scheitern von Lehman hat sich auf dem Markt für Geldmarktfonds verheerend ausgewirkt. Die von Lehman ausgegebenen Commercial Papers wurden entweder wertlos oder völlig illiquid für eine lange Zeit. Die betroffenen Geldmarktfonds konnten die Anteile nicht mehr für 1$ bedienen. Das nennt man im Fach-Jargon eine breaking-the-buck Situation. Die Einzahler (depositors), die sahen, dass sie für ihre Anteile nicht mehr 1$ bekamen, gingen dazu über, die Gelder aus den Fonds abzuheben. Zwei Tage lang wurden von den Geldmarktfonds täglich jeweils über 100 Mrd. $ abgezogen. Auf diese Weise kam es zu einem money market fund run. Die Investoren haben angefangen, aus den Geldmarktfonds so rasch wie möglich Geld abzuziehen. Das US-Schatzamt (Treasury) und die US-Notenbank (Fed) haben sofort reagiert: Das Finanzministerium hat eine vorübergehende Staatsgarantie bereitgestellt, um die Investoren zu bedienen, wenn sie aus den Fonds am Geldmarkt ihre Gelder nicht sofort abziehen würden. Die Fed hat ein Liquiditätsprogramm vorgelegt, um an Banken unmittelbar Geld zu leihen.

Es war ein klassischer Bank Run und eine klassische Reaktion durch die US-Notenbank. Gestützt auf die Bagehot-Regel hat die Fed sofort Liquidität bereitgestellt. Und die Sparer haben damit aufgehört, zur Bank zu stürmen, um ihr Geld abzuheben. Bernanke bemüht sich heute deshalb, dass so was nicht wieder vorkommt.

Keine Kommentare: