Ben Bernanke hat am
Freitag in einem Referat („Monitoring the Financial System“)
auf einer Banking-Konferenz der Chicago Fed vor Risiken am dem Interbankenmarkt
(wholesale funding) gewarnt.
Beträchliche Risiken verbleiben in den Märkten für kurzfristige Finanzierungen
der Banken untereinander. Eines der wichtigsten Risiken sei, wie das System auf
das Scheitern eines Broker-Dealer oder eines anderen grossen Kreditnehmers
reagieren würde, so Fed-Präsident.
Es sei noch mehr Arbeit nötig, um die Investoren und andere
Marktteilnehmer darauf vorzubereiten, um mit möglichen Folgen eines Zahlungsverzugs
(default) eines grossen Marktteinehmers
im Repo-Markt vorzubereiten. Die Möglichkeit eines Sturms auf dem Geldmarkt (run on
money-market funds) bleibe noch bestehen.
Die Finanzkrise hat vor Augen geführt, dass der Markt für
Repo-Geschäfte (repurchase agreement
funding) ziemlich anfällig war.
Tauchen Fragen im Hinblick auf die Art und den Wert der Sicherheiten auf, erhöhen
die Kreditgeber entweder die Sicherheitsleistungen für die Hinterlegungen oder
sie ziehen sich aus dem Markt völlig zurück. Die Kreditnehmer, die nicht in der
Lage sind, margin calls (Sicherheitsleistungen)
zu erfüllen, sehen sich gezwungen, zu verkaufen, womit die Preise von
Vermögenswerten unter Druck geraten und ein Zyklus des Schuldenabbaus (deleveraging) in Gang gesetzt wird.
Im Interbankengeschäft leihen sich die Banken gegenseitig
für kurze Zeiträume Geld aus. Der Zinssatz dazu gilt nur im
Interbankengeschäft. Der Interbankenmarkt ist für die Banken die wichtigste
Quelle für die Versorgung von liquiden Mitteln, um Engpässe im täglichen
Kreditgeschäft zu vermeiden.
Exkurs:
Geldmarktfonds
Die Geldmarktfonds sind im Grunde genommen Investmentfonds,
wo man einzelne Anteile kaufen kann. Der Fonds investiert das Geld in
kurzfristige liquide Wertpapiere. Die Geldmarktfonds, die für einen Anteil
i.d.R. einen Preis von 1$ beibehalten, werden hauptsächlich von
institutionellen Investoren (wie z.B. Rentenfonds) genutzt. Eine Pensionskasse
mit 30 Mrd. $ Cash bringt das Geld nicht in eine Bank, sondern in einen
Geldmarktfonds, weil so viel Geld von der Einlagensicherung nicht erfasst wird.
Denn es gibt eine Obergrenze von 250‘000$ für die von der Einlagensicherung geschützten
Gelder (FDIC).
Ein Rentenfonds legt also das Geld in Geldmarktfonds., wo für
1$ wieder 1$ versprochen wird, plus etwas Zins. Da die Money Markt Funds die Gelder
kurfristig in sichere und liquide Wertschriften investieren, bieten sie für
Unternehmen eine gute Gelegenheit, um Cash-Bestände bequem zu verwalten. Die
Unternehmen, die in Geldmarktfonds investieren, gehen davon aus, dass das Geld zwar
nicht versichert ist, aber jedezeit wieder abgezogen werden kann: 1 zu 1, wie
auf einem Bankkonto. Die Geldmarkt Fonds kaufen mit den eingezahlten Geldern meistens
Commercial Papers, was die Verwaltung von Cash erleichtert. Die Commercial
Papers werden wiederum von grossen Unternehmen (wie z.B. GM oder Caterpillar) ausgegeben,
mit einer Laufzeit von 90 Tagen oder weniger. Aber auch Finanzunternehmen und
Banken machen von der Emission von Commercial Papers einen regen Gebrauch, um
sich kurzfristig zu finanzieren.
Was ist 2008 passiert? Lehman
Brothers hat eine Schockwelle ausgelöst. Lehman ist eine Investmentbank. Da
es keine Bank ist, wurde sie von der Fed nicht beaufsichtigt. Lehman hatte hohe
Bestände an Wertpapieren. Da es eben keine Bank war, hat es keine
Kundeneinlagen entgegengenommen. Es hat sich am Interbankenmarkt und zusätzlich
am Markt für Commercial Papers finanziert. Lehman hat zudem viel in mit Hypotheken-gesicherten
Wertpapieren investiert. Nachdem Platzen der Immobilien-Blase hat Lehman
angefangen, Geld zu verlieren. Und die Kreditgeber haben darauf hin das
Vertauen in Lehmans Geschäfte verloren. Die Investoren haben sich geweigert,
die Finanzierungsgeschäfte mit Lehman zu verlängern (roll over). Die Gegenparteien sagten, dass sie nicht mehr bereit
seien, mit Lehman Geschäfte (z.B. mit Commercial Papers) abzuwickeln. Lehman
hatte Mühe, sich kurzfristig zu refinanzieren, sodas die Investmentbank am 15.
September Bankrott erklärt hat.
Das Scheitern von Lehman hat sich auf dem Markt für
Geldmarktfonds verheerend ausgewirkt. Die von Lehman ausgegebenen Commercial
Papers wurden entweder wertlos oder völlig illiquid für eine lange Zeit. Die betroffenen
Geldmarktfonds konnten die Anteile nicht mehr für 1$ bedienen. Das nennt man im
Fach-Jargon eine breaking-the-buck
Situation. Die Einzahler (depositors),
die sahen, dass sie für ihre Anteile nicht mehr 1$ bekamen, gingen dazu über,
die Gelder aus den Fonds abzuheben. Zwei Tage lang wurden von den Geldmarktfonds
täglich jeweils über 100 Mrd. $ abgezogen. Auf diese Weise kam es zu einem money market fund run. Die Investoren
haben angefangen, aus den Geldmarktfonds so rasch wie möglich Geld abzuziehen.
Das US-Schatzamt (Treasury) und die US-Notenbank (Fed) haben sofort reagiert:
Das Finanzministerium hat eine vorübergehende Staatsgarantie bereitgestellt, um
die Investoren zu bedienen, wenn sie aus den Fonds am Geldmarkt ihre Gelder
nicht sofort abziehen würden. Die Fed hat ein Liquiditätsprogramm vorgelegt, um
an Banken unmittelbar Geld zu leihen.
Es war ein klassischer Bank
Run und eine klassische Reaktion durch die US-Notenbank. Gestützt auf die Bagehot-Regel hat die Fed sofort Liquidität bereitgestellt. Und die Sparer
haben damit aufgehört, zur Bank zu stürmen, um ihr Geld abzuheben. Bernanke bemüht sich heute deshalb, dass so was nicht wieder vorkommt.
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