Fed Governeur Daniel Tarullo hat in einem
beachtenswerten Vortrag („Monetary Policy and Financial
Stability“) in Virginia kürzlich die Frage der finanziellen Stabilität in
Angriff genommen.
Vor der Finanzkrise von 2008 galt
unter Zentralbanken die Ansicht, dass die Finanzstabilität nicht ein explizites
Anliegen der Geldpolitik ist. Nun gibt es erhebliche Meinungsverschiedenheiten
darüber. Die Finanzstabilität soll genauso viel Relevanz geniessen wie die
Ziele der Preisstabilität und der maximalen Beschäftigung.
Die meisten Notenbanker wollen aber die beiden Ziele „Finanzstabilität und
Preisstabilität“ getrennt halten. Der ehemalige Fed-Chef Ben Bernanke hat einst argumentiert, dass die Finanzkrise nicht
durch die niedrigen Zinsen der Fed verursacht worden ist.
Wenn eine neue Blase entsteht,
sollen die Zinsen nicht verwendet werden, um sie platzen zu lassen. Die erste
Linie der Verteidigung gegen einen financial
boom sind laut Bernanke macro
prudential-Instrumente (wie z.B. Regulierung), nicht höhere Zinsen, die die
gesamte Wirtschaft sonst schädigen würden.
Die Fed hat bekanntlich beschlossen,
die Zinsen bis Mitte 2015 niedrig zu halten. Die Sorge ist, dass eine so lange
Zeitperiode der niedrigen Zinsen eine asset
bubble ähnlich dem Immobilienboom im vergangenen Jahrzehnt anheizen könnte.
Und die Abwicklung einer Blase würde wahrscheinlich auch sehr unangenehm sein.
Wie soll aber die Fed die
Finanzstabilität schützen? Tarullo hält es für wichtig, zu beachten, dass die
Integration der Überlegungen in Sachen Finanzstabilität in die geldpolitischen
Entscheidungen nicht unbedingt ein zusätzliches Mandat für die Notenbank
bedeute.
Der potenzielle Einfluss auf die
Preisstabilität und die Beschäftigung im Zusammenhang mit der Finanzstabilität
biete laut Tarullo reichlich Rechtfertigung. Die Identifizierung von
systemischen Risiken insbesondere der Entstehung von Spekulationsblasen ist
jedoch keine einfache Übung.
Die Fed schenke Märkten auf der
Suche nach Stabilität-Risiken aktiv Aufmerksamkeit. Tarullo verweist hierbei
auf neue makroprudenziellen Bemühungen der US-Notenbank, wie Tim Duy in seinem Blog die Einzelheiten mit eigenen Kommentaren erläutert.
Zur Zeit erfahren high-yield-Unternehmensanleihen und leveraged-loan-Fonds starke Zuflüsse,
was nahelegt, dass Investoren sich für riskante Anleihen interessieren, während
aber underwriting-Standards sich
verschlechtern, was in Grunde genommen auf die Möglichkeit von hohen Verlusten
in Zukunft hinweist.
Die Fed habe sich bisher laut
Tarullo auf die Aufsichtsbehörden verlassen. Das Office of the Comptroller of
the Currency (OCC) und die Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC)
stellten zuletzt im März 2013 einige aktualisierte Leitlinien für leverage lending in den USA vor.
Tarullo ist sich jedoch bewusst,
dass erhöhte Regulierungstätigkeit veranlassen kann, dass gewisse Aktivitäten
sich in den Schattenbanken-Bereich (shadow
banking) verlagern, dort, wo die Bedrohung der finanziellen Stabilität
exponentiell wachsen kann, ohne Regulierung. Die Fed hütet sich deshalb vor
plumper Regulierungsaktivität.
Tarullo spricht ferner auch
Massnahmen mit „zeitlich unterschiedlichem Vorgehen“ (time-varying policies) an, wie z.B. „loan-to-value“-Anforderungen.
Solche Massnahmen können den
Prozess der Entwicklung einer Vermögensblase abbremsen und zusätzliche Zeit für
die Notenbanker gewähren, darüber nachzu denken, ob die Situation eine
Anpassung der Geldpolitik erfordert oder nicht. Doch bleibt Tarullo ein
Realist. Er legt nicht so viel Wert auf die Wirksamkeit von makroprudenziellen
Massnahmen. Die alternativen Instrumente haben Limiten, legt er dar.
Die direkten geldpolitischen
Massnahmen sollen aber in solchen Situationen nicht ganz ausgeschlossen werden.
Derzeit sehe er keine Notwendigkeit, die Geldpolitik anzupassen.
Die Fed soll aber
einen Rahmen entwickeln, wo mehr analytische als instiktive Entscheidungen
getroffen werden können, wenn es um mögliche Kompromisse (trade-offs) zwischen verbesserter Finanzstabilität und reduzierter
Wirtschaftstätigkeit geht. Das dürfte jedoch eine intellektuell anspruchsvolle
Aufgabe sein, was nicht unbedingt eine Änderung der Geldpolitik zu Folge hätte.
Fazit: Die Fed sucht
weiterhin die Rolle der Geldpolitik zu erkunden, um Vermögensblasen Stirn zu
bieten, wie Tim Duy als Fazit festhält. Die erste Option bleibt aber allem Anschein nach
der Einsatz von makroprudenziellen Massnahmen. Die Fed-Mitarbeiter denken, dass
sie die Zeit haben, solche Instrumente zu entwickeln, wie z.B. die ausgeweitete
Fed-Bilanz wieder zurückgefahren werden kann.
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