Nachdem George Papandreou angekündigt hat, in Griechenland eine Volksabstimmung über die gegenwärtige Euro-Krise stattfinden zu lassen, sind die Protagonisten der Finanzmärkte und der Politik über den griechischen Ministerpräsidenten hergefallen. Berlin ist entsetzt. Mainstream-Medien haben nur Hohn und Spott übrig. Einige Leitartikler sind schockiert.
Papandreou hat aber damit, bewusst oder unbewusst, eine enorm wichtige Frage angeschnitten: Markt oder Mensch?
Vor diesem Hintergrund schreibt Robert Reich in seinem Blog: Wem trauen Sie mehr? Demokratie oder Finanzmärkten?
Wenn griechische Wähler dem Rettungspaket der EU-IWF-EZB zustimmen, wird die Arbeitslosigkeit in Griechenland noch weiter steigen. Und öffentliche Leistungen werden weiter gekürzt. Die griechische Wirtschaft wird folglich schrumpfen und der Lebensstandard der Griechen wird sich verschlechtern, bemerkt der an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessor.
Wenn griechische Wähler das Rettungspaket der EU-IWF-EZB ablehnen, wird das Land mit steigenden Finanzierungskosten konfrontiert, was den Lebensstandard der meisten Griechen verschlechtern dürfte, aber nicht unbedingt muss. Ohne die vom Rest der EU und dem IWF vorgeschriebenen rigorosen Sparmassnahmen hätte die griechische Wirtschaft bessere Chancen, zu wachsen, und mehr Griechen würden einen Arbeitsplatz finden, argumentiert der ehemalige Arbeitsminister der Clinton-Regierung.
Sollen die griechischen Bürger nicht selbst darüber befinden?
Reich erinnert an die Wall Street Ende 2008 und Anfang 2009. „Die Finanzinstitute hatten viele faule Kredite vergeben und die Frage, mit der wir am Schluss konfrontiert wurden, war, ob wir die Wall Street retten oder nicht“.
Der Unterschied ist, dass in den USA keine Volksabstimmung stattgefunden hat. Die Bush-Regierung hat mitteilen lassen, dass das Land einen wirtschaftlichen Untergang riskiere, wenn die Wall Street nicht (ohne weitere Bedigungen) unmittelbar gerettet werde.
Wenn die Amerikaner darüber abgestimmt hätten, wären die Wall Street-Bailout nicht so gewesen, wie es geschehen ist, beschreibt Reich: „Als Ergebnis floriert die Wall Street, aber nicht der Rest des Landes. Einer von vier Haus- und Wohnungseigentümern ist unter Wasser (underwater)“.
Was soll regieren? Demokratie oder Finanzmärkte? Nachdem was in den letzten Jahren passiert sei, ziehe Prof. Reich das erstere vor. Schliesslich steht im Mittelpunkt der Verfassung eines jeden fortgeschrittenen Landes der Mensch, nicht die Finanzinstitute.
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