Sonntag, 27. November 2011

EZB: Was ist der Plan?

Die Europäische Zentralbank (EZB) weigert sich weiterhin, als Zentralbank zu agieren. „Für manche Leute scheint die EZB wie eine Feuerwehr, die das Haus niederbrennen lässt, um die Kinder zu lehren, nicht mit Streichhölzern zu spielen“, beschreibt ein Artikel ("As Crisis Mounts, Europe's Central Bank Stands Back") in NYT.

„Die EZB hat einen Feuerwehrschlauch, d.h. ihre Fähigkeit, Geld zu drucken. Aber die Notenbank weigert sich vehement, sie in Bezug auf die Eurozone-Krise einzusetzen“, schildert der Artikel weiter. Die Flammen stiegen am Freitag höher, nach dem das italienische Finanzministerium einen Zinssatz von 6,5% für eine neue Ausgabe von Staatspapieren mit 6 Monaten Laufzeit zahlen musste, mehr als 3 Prozentpunkte höher als vergleichbare Papiere am 26. Oktober. Es war laut Bloomberg der höchste Zinssatz, den Italien je hat zahlen müssen, um solche Anleihen seit August 2007 erneut zu verkaufen.

Es gibt aber keine Anzeichen, dass die EZB einen Plan hätte, darauf zu antworten, indem sie zum Beispiel grosse Mengen an Staatsanleihen des betreffenden Landes aufkauft, um die Finanzierungskosten zu senken. Die EZB werde nicht als lender of last resort wirken, lautet der Standardsatz der Euro Hardliner wie z.B. von Jens Weidmann, dem Chef der Bundesbank. Nein heisst Nein für die EZB.


Leistungsbilanz-Ungleichgewichte in der Eurozone: Überschuss (Kern) versus Defizit (Peripherie), Graph: Prof. Paul Krugman

Wie denken die europäischen Staats- und Regierungschefs, dass das funktionieren soll? Was ist der Plan? Wie sieht die Story mit Happy End aus?, möchte Paul Krugman wissen. Die zugrunde liegende Geschichte der Eurozone ist ziemlich klar und einfach, unterstreicht der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor in seinem Blog.

Die Investoren entwickelten nach der Einführung des Euro ein falsches Gefühl von Sicherheit über die Kreditvergabe an die peripheren Volkswirtschaften der Eurozone. Dies hat zu grossen Kapitalströmen aus dem Kern in die Peripherie geführt, mit entsprechenden Ungleichgewichten in der Leistungsbilanz.

Das alles muss nun abgewickelt werden. Wie soll es geschehen?

Es scheint laut Krugman offensichtlich, dass die Ausgabenkürzungen in der Peripherie durch die Ausgabenerhöhungen im Kern ausgeglichen werden müssen und es muss auch ein Weg gefunden werden, die erforderliche reale Abwertung (*) in der Peripherie möglich zu machen. Aber die Politik in der Eurozone ist bekannt: (1) Fiscal Austerity (d.h. rigorose Sparmassnahmen) und (2) ein niedriges Inflationsziel für den Euroraum als Ganzes, was eine schleichende Deflation in der Peripherie bedeutet.

Wo ist aber der Plan dafür, wie dies funktionieren soll?

Krugman ist der Ansicht, dass die europäischen Entscheidungsträger nicht einmal darüber nachdenken. Sie wiederholen nur noch alte Slogans über stabilie Preise und eine verantwortungsvolle Finanzpolitik, ohne überhaupt Narrativ darüber, wie die Verfolgung dieser Tugenden mit dem Aufschwung in Europa im Einklang stehen soll.

Krugman bemerkt, dass er vor ein paar Wochen einen vollständigen Zusammenbruch des Euro für höchst unplausibel gehalten habe. Jetzt habe er Mühe, eine glaubwürdige Story darüber zu finden, wie die Sache überlebt.

Jean-Claude Trichet ist nun zum neuen Vorsitzenden der Gruppe 30 ernannt worden. Krugman sendet seinen Glückwunsch. Alles, was er bisher über Trichets Politik gesagt habe, sei nur geschäftlicher Art gewesen, betont der Träger des Wirtschaftsnobelpreises. Wink mit dem Zaunpfahl: Tessio. 


Lohnstückkosten in Europa, Graph: Prof. Heiner Flassbeck

(*) Es heisst reale Abwertung, weil die Abwertung nicht über den (nominellen) Wechselkurs erfolgt, sondern über die Preise, d.h. über niedrigere Löhne.


Deutschlands Handelsbilanz-Überschuss, Graph: Thomas Fricke in: FTD
(Defizit lediglich gegenüber China, Japan und Irland)

PS: Hier ist ein lesenswerter Meinungsartikel von Thomas Fricke zum Thema „Haushaltsdefizite versus Handelsbilanzüberschüsse“.

PPS: Die EZB hat vergangene Woche einen weiteren Stapel an US-Dollar von der Fed bezogen, wie die Fed am Freitag mitgeteilt hat. Die EZB hat im Rahmen der US-Dollar Swap-Fazilitäten mit der US-Notenbank 552 Mio. $ zu einem Zinssatz von 1,08% für 8 Tage in Anspruch genommen. In der Vorwoche waren es 895 Mio. $.

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