Vor nicht langer Zeit beharrten die europäischen Staats- und Regierungschefs darauf, dass Griechenland seine Schulden im vollen Umfang bediene, und daher im Euro bleiben könnte und sollte. Jetzt stürzt Italien ab. Und es ist schwer, zu sehen, wie der Euro überhaupt überleben kann, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Freitagskolumne („Legends of the Fail“) in NYT.
Was ist aber die Lehre aus dem Euro-Debakel? „Wie immer, wenn eine Katastrophe passiert, kommt es zu einem Ansturm von Ideologen, die behaupten, dass die Katastrophe ihre Ansichten rechtfertige. Es ist nun Zeit, mit der Entlarvung zu beginnen“, bemerkt der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor.
Es gibt zwei Behauptungen. Beide sind falsch. (1) Europas Leiden reflektiere das Versagen von Wohlfahrtsstaaten und (2) Europas Krise liefere Argumente für sofortige Sparmassnahmen (fiscal austerity) in den USA.
Die Behauptung, dass die europäische Krise belege, dass der Wohlfahrtsstaat nicht funktioniere, kommt v.a. von vielen Republikanern. Die Idee ist, dass die Länder Schwierigkeiten haben, weil sie unter der Last der hohen Staatsausgaben leiden. Aber die Länder, die sich jetzt in der Krise befinden, sind keine grossen Wohlfahrtsstaaten, als die Länder, denen es gut geht, argumentiert Krugman.
Wenn überhaupt läuft die Korrelation in die andere Richung. Schweden ist mit seinen bekannten hohen Leistungen ein Star-Performer. In der Zwischenzeit sind die Ausgaben für wohlfahrtsstaatliche Programme (als Prozentsatz des BIP) in allen kriselnden Ländern tiefer als (vor der Krise) in Deutschland. Und übrigens: Kanada hat die Krise besser gemeistert als die USA.
Die Euro-Krise besagt nichts über die Nachhaltigkeit des Sozialstaates, hält Krugman fest. Aber liefert die Euro-Krise Argumente für rigorose Sparmassnahmen (Güter-enger-schnallen-Politik) in einer depressiven Wirtschaft?
Man hört diese Behauptung die ganze Zeit. Amerika soll, so wird erzählt, die Ausgaben sofort kürzen oder sonst endet es wie Griechenland oder Italien. Die Fakten erzählen aber eine andere Geschichte, so Krugman.
„Wenn Sie sich in der Welt umschauen, sehen sie, dass der grosse bestimmende Faktor für Zinsen nicht die Höhe der Staatsverschuldung ist, sondern ob ein Staat sich Geld in der eigenen Währung besorgen kann oder nicht“, hebt der Träger des Wirtschaftsnobelpreises (2008) hervor.
Was passiert ist, wie sich herausstellt, dass Spanien und Italien mit der Euro-Übernahme nun sich das Geld in einer fremden Währung besorgen müssen, mit all dem Verlust an Flexibilität, die sich daraus ergibt. Amerika hingegen kann in Dollars Kredit aufnehmen und hat damit dieses Problem nicht. Die andere Sache ist, zu wissen, dass die Austerity Policy (rigorose Sparmassnahmen) angesichts der gegenwärtigen Krise überall, wo es probiert worden ist, ein Fehlschlag gewesen ist.
Die Moral der Geschichte ist, sich vor Ideologen zu hüten, die versuchen, die europäische Krise zugunsten ihrer eigenen Agenda zu entführen. Würden wir auf diese Ideologen hören, würden wir uns am Ende eigene Probleme schaffen, welche sich von den Problemen Europas unterscheiden, aber nur schwerer sind, ja sogar noch schlimmer, fasst Krugman zusammen.
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