Wenn die Fed mehr über die Main Street nachgedacht hätte, als sie das Finanzsystem rettete, hätte es heute im ganzen Land keine Occupy Wall Street (OWS) gegeben, schreibt Mark Thoma in einem lesenswerten Essay („The Financial System is Rigged in Favor of the Rich“) in The Fiscal Times.
Der Glaube, dass das ökonomische System zu Gunsten der Reichen (vgl. hier) und der Mächtigen manipuliert ist, ist ein wichtiger Faktor, der die OWS antreibt. Der Glaube beruht zum Teil auf die Art und Weise, wie die Rettungsmassnahmen durch die geldpolitischen Behörden gehandhabt wurden. Die politischen Entscheidungsträger haben die Banken vor Verlusten isoliert, mit dem Argument, dass der Schutz für Wall Street auch Main Street vor grossen Verlusten schützen würde, beschreibt der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor.
Aber das Rettungspaket war nicht ausreichend, die grossen Probleme auf der Main Street zu verhindern und es kam weitgehend zu einem Geschenk für die Reichen, die die Finanzinstitute kontrollieren.
Es hätte nicht so erfolgen müssen. Anstatt die Banken direkt zu retten, hätten wir das Geld an die Hausbesitzer geben können, damit sie ihre Hypotheken zurückzahlen. Das Geld hätte zweckgebunden für Hypothekenzahlungen ausgegeben werden können, sodass es immer noch in den Händen der Banken endete. Die Vorteile der Verteilung für die Rettungsmassnahmen wären durch die Haushalte an erster Stelle anders ausgefallen. Sowohl die Haushalte als auch die Banken hätten Gewinne realisieren können und dies wäre politisch viel mehr akzeptabel gewesen, hebt Thoma hervor.
Allerdings legen die geldpolitischen Behörden nicht viel Wert auf die Verteilungswirkungen der Politik, die sie verordnen. Was die Fiskalpolitik betrifft, sind die Verteilungswirkungen der Veränderungen von Steuern und Abgaben ein wichtiges Element der Politik, die diese Politik einrahmen, legt Thoma dar.
Warum gibt es aber einen Unterschied? Ein entscheidender Faktor ist, dass die Fiskalpolitik von den Politikern bestimmt wird, während eine handvoll Technokraten bei der Fed die Geldpolitik gestalten. Und diese Technokraten sind (zumeist Ökonomen) ausgebildet, die Verteilungsfragen zu ignorieren. Die Verteilungsfragen schliessen Werturteile ein und die Ökonomen sollten solche Urteile in ihrer Rolle als professionelle Ökonomen nicht fällen, ist Thoma überzeugt. Dafür haben wir die Politiker.
Was für die meisten Makroökonomen demnach wichtig ist, ist die Grösse des Kuchens. Mit einem grösseren Kuchen ist es für jedermann möglich, mehr davon zu haben, aber wie der Kuchen i.d.R. aufgeteilt wird, steht nicht im Mittelpunkt der makroökonomischen Politik. Wenn das ökonomische System die Gewinne ungleich verteilt und die Politiker die ungleichen Gewinne, z.B. aus einer Niedrigzins-Politik, an Ort und Stelle belassen, dann ist es nicht die Schuld der Ökonomen oder der Politik selber, hält Thoma fest.
Aber die Verteilungsfragen können nicht immer ignoriert werden. Das Versagen der gelpolitischen Behörden, über die Verteilungswirkungen der Rettungsmassnahmen nachzudenken, hat die Öffentlichkeit gegen die Fed aufgebracht. Einiges davon ist laut Thoma unfair, da das US-Finanzministerium auch eine wichtige Rolle gespielt hat, aber trotzdem wird vieles davon, was die Fed in Reaktion auf die Krise unternommen hat, als nur ein weiterer Weg angesehen, wie das System das Geld zu den Reichen und Mächtigen eintrichtet.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen