In einem Moment, in dem die Wirtschaft schwer
angeschlagen ist, denkt Finnlands Regierung darüber nach, harsche
Sparmassnahmen zu treffen.
Die finnische Wirtschaft wird seit drei Jahren von einer
hartnäckigen Rezession überschattet. Und die meisten Ökonomen erwarten einen
Abschwung das vierte Jahr in Folge.
Die Regierung will nun zwei öffentliche Feiertage
und Lohn-Zuschläge für Überstunden und Sonntagsarbeit abschaffen. Die
Arbeitnehmer sollen also bei mehr Arbeit weniger Lohn bekommen. Es gibt
Kürzungen auch für Rentner.
Das Volk protestiert und will in den grössten Streik seit Jahrzehnten gehen. Doch besteht Ministerpräsident Juha Sipila darauf, die Arbeitskosten um 5% zu senken.
Es sei denn, die Gewerkschaften sind einverstanden,
die Arbeitstage um 20 Minuten zu verlängern (ohne Lohnausgleich) und die Hälfte
der Ferien zu streichen. Ein Berater der Gewerkschaften sagt, dass die
Kaufkraft der Arbeitnehmern dadurch um 3% schrumpfen würde, falls die Regierung
die besagte Massnahme in die Tat umsetzen würde.
Finnland: Inflation im August (-0.2%), Graph: Statistics Finland
Mitten in einer tiefen Rezession, wo es eindeutig
an Nachfrage mangelt, will die finnische Regierung die Löhne senken. Wo kommt
aber die Idee her? Finnland ist in der Eurozone. Und die neoliberal geprägte
Wirtschaftspolitik der EU bestimmt die Tagesordnung. Im Mittelpunkt der Agenda
steht zur Zeit die internal devaluation (Anpassung von Kosten und Preisen durch
Lohnsenkung).
Der Sparkurs wird also von Brüssel und Berlin
diktiert, koste was es wolle.
Bemerkenswert ist, dass Finnland während der
Eurokrise als begeisterter Unterstützer der Austeritätspolitik aufgetreten ist.
Helsinki war deshalb mit viel Kritik insbesondere aus Griechenland und Portugal
konfrontiert.
Nach aktuellen Einschätzungen dürfte die
Arbeitslosigkeit in Finnland in den nächsten Jahren von 8,7% (2014) auf 10,3% klettern.
Die Staatsverschuldung mit rund 60% im Verhältnis zum BIP steht eigentlich im
Einklang mit dem Zielwert der EU (60%).
Finnland's Arbeitslosenquote, Graph: FT
Finnland könnte also mit deficit spending Investitionen anregen und v.a. seine Währung
abwerten, um den Aussenhandel zu beleben, wenn es nicht den Euro hätte. Das
Land wird aber vom Fiskalpakt angehalten, harsche Sparmassnahmen zu treffen.
Finnland Output, Graph: Statistics Finland
Wenn die Einkommenssituation sich verschlechtert,
gibt es weniger Nachfrage, was weniger Umsatz für Unternehmen bedeutet. Weniger
Einnahmen für Unternehmen führt zu weniger Beschäftigung. Und am Schluss steigt
die Arbeitslosigkeit. Finnland gerät folglich immer tiefer in einen Abwärtsstrudel
einer gescheiterten Wirtschaftspolitik der Eurozone.
Ausgesprochen erstaunlich ist, wie die Verfechter
der Austeritätspolitik, die sich über zu niedrige Zinsen in Europa beklagen und die
Notenbank zur Zinserhöhung auffordern, gefliessentlich übersehen, welche Rolle
die wilden Ausgabenkürzungen für die Niedrigzinsen und deflationäre Tendenzen
in der Eurozone spielen.
PS:
Der letzte grosse Arbeitnehmerprotest Finnlands hat
vor mehr als 20 Jahren stattgefunden, mit rund 300’000 Teilnehmern. Der letzte,
offiziell erklärte Streik war im Jahr 1956 mit 400’000 Teilnehmern.
Rund 30’000 Menschen haben am Freitag an einer
Grosskundgebung laut Presseberichten teilgenommen, um gegen die
Austeritätspolitik der Regierung zu protestieren.
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