Mittwoch, 9. September 2015

Zinswende als Büchse der Pandora?

Wow! Namhafte Stimmen aus den USA und Europa senden heute eine deutliche Botschaft an die US-Notenbank, am geldpolitischen Kurs vorerst festzuhalten.

Die Fed soll die Zinsen nicht erhöhen, sagt Kaushik Basu in einem aktuellen Interview mit FT aus London. Die Fed läuft Gefahr, “Panik und Unruhe” in den sog. Schwellenländern (EM) auszulösen, falls sie auf der September-Sitzung beschliesst, die Zinsen zu erhöhen, mahnt der Chefökonom der Weltbank (World Bank), ohne mit der Wimper zu zucken.

Eine ähnliche Warnung hatte auch der IWF vor ein paar Tagen ausgesprochen: Die Fed soll sich an Daten (data-dependent) orientieren und nicht voreilig agieren, während es kaum Hinweise auf einen Lohn- und Preisdruck gibt, teilt die Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit Sitz in Washington mit.

Auch Martin Wolf befasst sich in seiner Kolumne in FT heute mit dem bevorstenden Zinsentscheid der US-Notenbank.

Der Beginn eines Zinserhöhungszyklus zum ersten Mal seit 11 Jahren würde ohne Zweifel einen wesentlichen Moment markieren: Es würde mehr als eine Zinserhöhung signalisieren. Die US-Wirtschaft ist aber weit entfernt von der “Normalisierung”. Die Inflation, wovor die Kritier immer wieder warnen, ist unsichtbar, unterstreicht der Chef-Kommentator der britischen Wirtschaftszeitung.


US-Arbeitslosigkeit und Inflation, Graph: Martin Wolf in FT



Larry Summers, der vor rund zwei Wochen geschrieben hat, dass es ein schwerwiegender Fehler wäre, die Zinsen zu erhöhen, zählt heute in seinem Blog 5 Aspekte auf, die gegen eine unmittelbare Zinserhöhung sprechen.



Zentralbanken und Leitzinsen, Graph: Martin Wolf in FT


Die Märkte haben in den vergangenen zwei Wochen eine Straffung des geldpolitischen Kurses bereits vorweggenommen: Der US-Aktienmarkt hat in diesem Zeitraum um 700 Mrd. USD geschrumpft. Und die Credit Spreads haben sich spürbar ausgeweitet, argumentiert der ehemalige US-Finanzminister.


Leitzinsen (real) und finanzielle Situation in den USA, Graph: Larry Summers 

Da eine Reihe von Faktoren die secular stagnation via erhöhte Ersparnisse und verringerte Investitionen vorantreibt, fordert jede Bemühung um Wirtschaftswachstum viel niedrigere real fed funds rates als je zuvor.

Bemerkenswert ist die Aussage des an der Harvard University tätigen Wirtschaftsprofessors, dass “wir wissen, dass die BoJ und die EZB sehr wahrscheinlich, die bereits ausserordentliche QE-Politik in den kommenden Monaten verdoppeln werden”.

Das heisst, dass der ehemalige Chefökonom der Weltbank (von 1991 bis 1993) damit rechnet, dass die EZB das Tempo der Anleihekäufe (PSPP) nicht drosselt, sondern ausdehnt, zumal es weder in der Eurozone noch weltweit Inflationsdruck gibt.


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