Samstag, 12. September 2015

Wie die Austerität die Weltwirtschaft lähmt

Die Arbeitslosigkeit in Japan ist zwar niedrig, aber das gesamtwirtschaftliche Wachstum ist träge, v.a. wegen der Alterung der Bevölkerung. Japan ist ein Land mit immer weniger Menschen im erwerbstätigen Alter (working-age adults). Das Wirtschaftswachstum war in den vergangenen Jahren dennoch viel besser als in Westeuropa.

Da die Wirtschaft wegen der anhaltenden Deflation in einer Falle steckt, befürchten japanische Geschäftsleute mögliche externe Effekte (spillovers) aus Chinas gegenwärtiger Wachstumsschwäche, schildert Paul Krugman seine Erlebnisse aus einem Besuch in Japan in seiner lesenswerten Kolumne (“Japan’s Economy, Crippled by Caution”) am Freitag in NYTimes.

Japan muss mit der Deflation irgendwie fertigwerden. Wenn die Bank of Japan (BoJ) Geld druckt (*), kauft sie damit Staatspapiere am Markt. In normalen Zeiten würde dadurch die Wirtschaft angekurbelt. Die Verkäufer sitzen heute aber auf dem Cash. 

Das heisst, dass das Geld nicht in Form von Kredit weitergegeben wird. Das derzeit sehr niedrige Zinsniveau widerspiegelt die mangelnde Investitionsnachfrage. Die Fed beispielsweise hat im Rahmen der QE-Politik seit 2008 für den Kauf von Staatsanleihen rund 3’000 Mrd. USD ausgegeben. Das Geld bleibt auf den Bankreserven bei der Fed.

Dabei ist das Ziel der QE-Politik, den Preis der Vermögenswerte steigen zu lassen, um Investoren und Verbraucher davon zu überzeugen, dass bald die Inflation kommt. Die Bemühungen der BoJ ernten aber kaum Früchte wie die der EZB


US-Notenbankgeldmenge (monetary base), Graph: FRED Fed St. Louis

PS: Notenbankgeldmenge = Sichtguthaben der Banken + Noten im Umlauf


Die mengenmässige Lockerung der Geldpolitik als second-best policy reicht offensichtlich nicht aus. Es gibt aber laut Krugman einen sicheren Weg, um die Deflation zu bekämpfen: mit dem gedruckten Geld sollen statt Vermögenswerte Sachen gekauft werden.

Defizitfinanzierung kann wieder “schön gewachsen” werden. Es spielt nämlich praktisch kaum eine Rolle, ob die Zentralbank alte Anleihen am Markt aufkauft, oder neue Anleihen ausgegeben werden, erklärt Krugman.

Das tut aber niemand. Alle haben sich der Austeritätspolitik verpflichtet, die auf der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage lastet. Die Forderung nach Austerität dient einem politischen Zweck: Kürzung der Sozialausgaben und Zurückdrängung des Staates aus dem öffentlichen Leben.

Geld zu drucken, um Sachen zu kaufen, hört sich unverantwortlich an, was auch in normalen Zeit zutrifft. In einer schwer angeschlagenen, von Deflation geplagten Wirtschaft ist es aber gefährlich dumm, Haushaltsdisziplin an den Tag zu legen. 

Nur sehr wenige Politiker sind bereit, den Kopf zu riskieren und mit der Konvention zu brechen. Das Ergebnis ist, dass die Wirtschaftspolitik, selbst sieben Jahre nach der Finanzkrise immer noch von Vorsicht gehemmt wird, hält Krugman als Fazit fest: Die Austeritätspolitik zerstört im Namen der Respektabilität die Weltwirtschaft.



(*) Eigentlich wird kein Geld physisch gedruckt. Die Kaufsumme wird jeweils dem Konto der betreffenden Bank bei der Fed elektronisch gutgeschrieben.














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