Was in der anhaltenden Debatte um eine angemessene
Geld- und Fiskalpolitik in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft auffällt,
ist, dass die Argumentation der Vertreter eines harschen Sparkurses zumeist mit
den treffenden Voraussagen der Gegner der Austeritätspolitik nichts zu tun hat.
Das heisst m.a.W., dass die Kritik sich zumeist auf
Scheinargumente stützt. Der Bedarf für eine Aufklärung ist daher akut. Es geht
im Grunde genommen nicht um die Aussagekraft der Wirtschaftsmodelle, wie gut
sie funktionieren, was sie taugen, sondern v.a. um die Auswirkungen der
angewandten Wirtschaftspolitik.
Vor diesem Hintergrund bietet Paul Krugman in seinem Blog in NYTimes vier Punkte, um die keynesianische
Sicht kurz zusammenzufassen:
(1) Weil es an Ausgaben mangelt, produzieren Volkswirtschaften manchmal viel weniger als sie in der Tat können. Und beschäftigen weniger Menschen als sie sollten. Solche Episoden können aus einer Vielzahl von Gründen vorkommen; die Frage ist, wie wir darauf reagieren.
(2) Es gibt normalerweise Kräfte, die die Wirtschaft
in Richtung Vollbeschäftigung schieben. Aber sie funktionieren langsam; wenn
man sich nicht einmischt, während die Wirtschaft schwer angeschlagen ist,
bedeutet es, eine unnötige Zeit des Leidens über sich ergehen zu lassen.
(3) Es ist oft möglich, diese Zeit der Schmerzen und
des Leids drastisch zu kürzen und die menschlichen und finanziellen Verluste
durch “Geld drucken” (“printing money”)
und den Einsatz der Macht der Zentralbank zur Geldschaffung zu reduzieren, um
die Zinsen nach unten zu drucken.
(4) Manchmal verliert die Geldpolitik aber an
Wirksamkeit, insbesondere, wenn die nominalen Zinsen nahe null liegen. In
diesem Fall kann ein vorübergehendes Deficit Financing einen vorteilhaften
Schub auslösen. Und umgekehrt verursacht Austerität (fiscal austerity) in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft hohe
ökonomische Verluste.
Die Schlussfolgerung für die Welt, in der wir seit
2008 leben ist, aggressive monetäre Expansion sowie ein Konjunkturprogramm (fiscal stimulus), solange die
Nullzins-Grenze (zero lower bound)
die Geldpolitik einschränkt.
Doch stellen die Kritiker falsche Behauptungen auf,
was Keynesianer angeblich denken:
Scheinargument 1: Jede wirtschaftliche Erholung,
unabhängig davon, wie träge und wie verzögert, zeigt, dass Keynesianismus
falsch liegt. Antwort: siehe oben (2).
Scheinargument 2: Keynesianer glauben, dass das
Drucken von Geld alle Probleme löst. Antwort: siehe oben (3); Geld drucken kann
ein spezifisches Problem lösen, wenn die Wirtschaft unter ihrer Kapazität
arbeitet. Niemand sagt, dass dadurch eine höhere Produktivität hergezaubert
werden kann oder eine Erkältung geheilt werden kann.
Scheinargument 3: Keynesianer bevorzugen immer deficit spending, unter allen
Bedingungen: Antwort: siehe oben (4). Der Fall für Konjunkturpakete ist ziemlich
restriktiv, das heisst, dass es lediglich unter der Voraussetzung, dass die
Wirtschaft schwer angeschlagenen (depressiv) ist und die Möglichkeiten der
Geldpolitik eingeschränkt ist, zum Zuge kommt.
Ergänzend meldet sich auch Mark Thoma in seinem Blog zu Wort: Keynesianer favorisieren nicht
einen grossen Staat (large government);
sie glauben, dass das Defizit verwendet werden kann, die Wirtschaft in einer
schweren Rezession anzukurbeln, wenn die Geldpolitik allein nicht im Stande
ist, Stimulus anzubieten. Ferner sind die Keynesianer dafür, dass die Defizite
in konjunkturell guten Zeiten abgebaut werden.
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