Donnerstag, 23. Juli 2015

Finnlands Euro-Anschauung

Finnlands Wirtschaft schrumpft seit mehr als drei Jahren. Die Industrieproduktion ist zuletzt um 5,1% eingebrochen. Die Inflation ist negativ. Und die Arbeitslosigkeit verharrt auf 10 Prozent.

Nun hat die finnische Regierung angekündigt, die Löhne zu senken, um die Wirtschaft anzukurbeln. Das ist Wahnsinn.

Zur Erinnerung: Finnland ist einer der treuesten Verbündeten Deutschlands in Sachen Austerität. Kein anderes Land ist Griechenland so mit der Tür ins Haus gefallen wie Finnland. Jetzt beginnt Helsinki selbst, die Schmerzen der stumpfsinnigen Austeritätspolitik inmitten einer schweren Krise zu spüren.

Dennoch sagt Juha Sipila, der finnische Premierminister, dass das Land 1,5 Mrd. EUR braucht, um ein Sparpaket für das Haushaltsziel zusammenzuschnüren.

Das wird mit sicherlich auf der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage lasten. Lohnsenkungen in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft führen zu Deflation, weil das Inflationsziel weiter unterboten wird.



Finnlands Arbeitslosigkeit, Graph: Statistics Finland 


Die Löhne sollten sich an der nationalen Produktivität und der Ziel-Inflationsrate der EZB, die die Geldpolitik für die gesamte Eurozone macht, orientieren, um die Binnennachfrage zu stimulieren und die Konjunktur anzuregen.


Finnlands Wirtschaftswachstum, Graph: Statistics Finland 

Finnlands Regierung will die Lohnstückkosten (ULC: unit labor cost) bis 2019 um 5% senken: Weniger Lohn bedeutet aber weniger Nachfrage für Unternehmen. Es ist daher entscheidend, dass die öffentliche Hand dafür sorgt, dass der Link zwischen Sparen und Investieren funktioniert. Das heisst, dass der Staat, anstatt die Ausgaben zu kürzen, Investitionen z.B. in Infrastruktur, Ausbildung und Umwelt tätigen soll.


Finnlands Industrieproduktion, Graph: Statistics Finland 

Bemerkenswert ist, dass die Lohnstückkosten von Finnland um 20% höher liegen als in seinen wichtigsten Handelspartner. Das deutet wiederum darauf hin, dass Deutschland mit Lohndumping seine Handelspartner in der Eurozone in der Tat an die Wand gedrückt hat. 


Wie Finnlands Wirtschaft sich bisher im Euro entwickelt hat, Graph: Neil Irwin in NYTimes 

Interessant ist ferner zur Kenntnis zu nehmen, dass Finnland davon überzeugt ist, dass die “kurzfristigen Kosten der Inflexibilität”  auf lange Sicht von angeblich "riesigen Vorteilen mehr als ausgeglichen" werde. Wo sind aber die Vorteile der Gemeinschaftswährung, wenn das Land in der Euro-Zwangsjacke steckt, wie Paul Krugman in seinem Blog fragt.


Wirtschaftswachstum Finnland (EUR) vs. Schweden (SEK), Graph: Paul Krugman in NYTimes


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