Der Anstieg der Staatsschulden im Sog der globalen Finanzkrise erhitzt Gemüter. Defizit-Falken fordern einen raschen Ausstieg aus der Krisenpolitik, um das Haushaltsdefizit zurückzufahren, weil sonst eine Hyperinflation droht. Wie opportun ist es aber, mitten in der schwersten Finanzkrise seit über sechzig Jahren, die Schulden zu grenzen? Robert Frank erklärt in einem lesenswerten Essay in NYT, dass es eigentlich nur drei grundlegende Wahrheiten gibt, die politisch Verantwortliche über Defizit wissen müssen: (1) Es ist gut, Defizit während eines tief greifenden wirtschaftlichen Abschwungs zu führen, (2) ob das Defizit auf lange Sicht schlecht ist, hängt davon ab, wie das geliehene Geld ausgegeben wird, und (3) Eliminierung des Defizits erfordert nicht unbedingt schmerzhafte Opfer. Der Nachweis der ersten beiden Aspekte sind überzeugend. Der dritte ist umstritten. Aber Frank unternimmt den Versuch, zu beweisen, warum auch dieser wahr ist. Denn die Politik, die auf diese Aussagen begründet wird, „würde unsere wirtschaftlichen Aussichten erheblich verbessern“, so der Wirtschaftsprofessor an der Cornell University.
Die erste Proposition stammt vom britischen Ökonomen John Maynard Keynes, der argumentierte, dass, wenn die Gesamtausgaben deutlich unter das Niveau fallen, welches für die Vollbeschäftigung erforderlich ist, die Konjunktur sich nicht schnell erholen kann. Die Verbraucher können den Weg auch nicht einebnen, weil sie um den Verlust ihres Arbeitsplatzes fürchten. Und die meisten Unternehmen investieren nicht, weil sie bereits über mehr Kapazität verfügen als sie brauchen. Nur der Staat hat das Motiv und die Gelegenheit, während eines tiefen Abschwungs Ausgaben zu erhöhen. Natürlich muss der Staat die Schulden irgendwann mit Zinsen zurückzahlen. Gerade dieser Umstand löst jedoch scharfe Proteste aus: „Der Staat ruiniert die Zukunft unserer Enkelkinder“, heisst es öfters. „Das ist absurd“, schreibt Frank. „Es zu versäumen, die Wirtschaft anzukurbeln, würde den Abschwung verlängern, was wiederum eine Verminderung von Steuereinnahmen bedeuten würde“, betont Frank. „Erhöhte Arbeitslosenversicherung und schwache Privatinvestitionen würden am Schluss zu einem ständigen Rückgang der Produktivität führen, erklärt der Ökonom, der auch an der Stern School of Business an der New York University „Business Ethics“ unterrichtet. Sobald aber die Wirtschaft wieder auf die Beine kommt, ändert sich die Defizit-Logik, so Frank. Als schlechtes Beispiel nennt er die Verschuldungspolitik während der Bush-Amtszeit, weil das meiste Geld in den Irak-Krieg gesteckt wurde. Aber genau das Gegenteil würde resultieren, wenn das geliehene Geld in produktive Investitionen angelegt würde.
Defizit-Falken bestehen darauf, dass die einzige Möglichkeit, Defizite zu beseitigen, sei, Staatsausgaben zu reduzieren. Die Erfahrung, die Kalifornien gerade gemacht hat, zeigt aber, dass dieser Ansatz nach hinten losgeht. Kalifornien Schulen waren einst die besten des Landes. Nun gehören sie zu den schlechtesten. „Um Defizite zu beseitigen, brauchen wir mehr Einnahmen. Die erfreuliche Nachricht ist, dass wir mehr als genug Einnahmen generieren können, wenn wir Steuern auf Aktivitäten erheben, die Schaden anrichten“, hält Frank fest. Wie z.B. Pigou-Steuern oder Steuern auf Spekulationen, welche Blasen auslösen, die zu Finanzkrisen führen. „Steuern auf Aktivitäten mit Schaden wären gerechtfertigt unabhängig von der Notwendigkeit, die öffentlichen Haushalte ins Gleichgewicht zu bringen“, erläutert Frank. Solche Steuern würden genügend Einnahmen generieren, die für die öffentlichen Dienstleistungen erforderlich sind, so Frank als Fazit.
PS: Zu vier Komponenten der Gesamtnachfrage und hier.
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