Freitag, 12. Juni 2015

Liquiditätsmangel an den Anleihemärkten

Noch im Frühling belief sich der Wert der Anleihen, die in der Eurozone mit einer negativen Rendite gehandelt wurden, auf ca. 2‘000 Mrd. EUR, was einem Drittel aller austehenden Staatsanleihen entspricht.

Anzeichen mehren sich nun, dass die sich selbst  ernährende Erwartung der ersten Zinserhöhung der US-Notenbank gegen Ende Jahr eine Vielzahl von Investoren in den vergangenen Wochen zum Verkauf von Staatsanleihen rund um den Globus veranlasst hat.

Die Rendite der deutschen Bundesanleihen hat am Mittwoch vorübergehend die Marke 1% geküsst. Während des Anstiegs der Renditen für Staatsanleihen am lange Ende der Ertragskurve eine Ausverkauf-Stimmung vermittelt, ist zugleich von einer mangelnden Liquidität die Rede. Die Händler berichten von einem Anstieg, der durch geringeres Handelsvolumen begleitet wird als die steiler werdende Ertragskurve nahelegen würde.

Die Analysten der Deutschen Bank schätzen, dass der durchschnittliche Umsatz im Investment Grade und High-Yield Anleihemärkten vom Spitzenwert im Jahr 2006-07 um 50% abgesunken ist. Die Liquidität am US-Treasury Markt, gemessen am Anteil des gegenseitigen Handwechsels auf der Tagesbasis, sei sogar um 70% geschrumpft.

Das tägliche Volumen von rund 500 Mrd. USD wird von Strategen noch als robust eingeschätzt. Auch die Geld-Brief-Spanne ist wieder bis auf die Tiefstände vor der Krise gesunken.


Rendite von German Bonds mit 10 Jahren Laufzeit, Graph: FT

Der Rückgang der Liquidität am Markt für US-Staatsanleihen hat jedoch viele Ursachen. Obwohl die Grösse des Marktes seit der Finanzkrise angeschwollen ist, ist erstens ein Grossteil der zusätzlichen Emissionen von dem Anleihenkaufprogramm (QE policy) der Fed aufgesogen worden. Zweitens sind ausländische Zentralbanken zu erwähnen, die im Bestreben daran, Währungsreserven zu stärken, US-Treasury Bonds kaufen. Das alles hat dazu geführt, dass das Handelsvolumen abgenommen hat.

Zugleich ist aber auch der Einfluss der Grossbanken als Primärhändler auf den Markt zurückgegangen. Nicht nur der Regulierungsdruck (mehr Eigenkapital), sondern auch kommerzielle Gründe (Reduzierung des Eigenhandels sowie Abbau von Carry-Trade) haben die Banken gezwungen, Engagement im Markt für Staatsanleihen zu stutzen.


CDS-Prämien für German Bonds, Graph: faznet

PS: Die Prämien für eine Versicherung gegen einen Ausfall von deutschen Bundesanleihen sind zur Wochenmitte auf ihren niedrigsten Stand seit dem Herbst 2008 gefallen, berichtet die FAZ.

Die Spannungen und Widrigkeiten am Markt waren infolge der Finanzkrise so schwerwiegend, dass einige Banken automatische elektronische Handelssyteme schliessen mussten. Die strengere Regulierung hat auch am Repo-Markt, wo sichere, liquide und erstklassige Anleihen als Sicherheit (collateral) eingesetzt werden und als Benchmark gelten,  Spuren hinterlassen.

Da die US-Treasuries wie ein Eckpfleiler des globalen Finanzsystems gelten,wie die FT beschreibt, bietet sich die Liquidität als eine der Hauptvorteile. Und wenn die Liquidität abnimmt, kann es vorkommen, dass die Investoren nach mehr Kompensation verlangen.

Im Grunde genommen sind viele Marktteilnehmer von Analogie ausgegangen, dass die knapper werdende Liquidität am Markt für Unternehmensanleihen auch auf den Markt für Staatsanleihen übergreifen würde (Rückkopplungseffekte).

Schliesslich darf nicht übersehen werden, dass der steile Anstieg der Anleihenkurse von der fehlenden Liquidität und cash-Knappheit im Euro-Raum vorangetrieben wurde. Erst nach dem die EZB mit der Ankündigung von PSPP die lender of last resort Rolle übernahm, kam es zur Entspannung am Markt für europäische Staatsanleihen. Das heisst, dass die EZB inzwischen angefangen hat, wie eine Zentralbank zu agieren.

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