The Guardian, die britische Zeitung hat heute einen Brief von 79 Ökonomen veröffentlicht. Es geht darum, den Plan von George
Osborne, Haushaltsdefizite in normalen Zeiten zu verbieten, zu entlarven.
Die Vorschläge
des Schatzkanzlers der Regierung von David Cameron sind für die Komplexität
einer modernen Wirtschaft des 21. Jahrhunderts nicht geeignet und als solche
riskieren sie eine Liquiditätskrise, die auch Probleme für die Banken auslösen,
zu einem Rückgang des BIPs und zu einem Zusammenkrach führen können. Oder alle
drei zusammen, so die Ökonomen aus Grossbritannien und den USA.
Volkswirtschaften
beruhen auf dem Grundsatz der Sektorverteilung (sectoral balancing), die darlegt, dass die Sektoren einer
Wirtschaft von einander Geld leihen und aneinander Geld verleihen und die
Überschüsse und Defizite rechnerisch ausgeglichen sind.
Denn wo es
einen Kreditnehmer gibt, gibt es auch einen Kreditgeber. M.a.W., wenn der eine
Sektor der Wirtschaft an einen anderen Kredit gibt, muss dieser um dengleichen
Betrag im Soll sein wie der Kreditnehmer im Haben. Die Wirtschaft befindet sich
daher immer im Gleichgewicht, wenn auch nicht immer an der richtigen Stelle.
Die Haushaltslage
der Regierung ist nicht unabhängig vom Rest der Wirtschaft und wenn die
Regierung versucht, unflexibel Überschüsse zu erzielen, und deshalb nicht mehr
Kredit aufnimmt, wird der Domino-Effekt auf den Rest der Wirtschaft erheblich.
Private
Haushalte, Verbraucher und Unternehmen müssten sich dann viel mehr verschulden
und das Risiko einer persönlichen Schuldenkrise wäre in der Tat sehr real,
betonen die Unterzeichner wie z.B. Thomas Piketty, David Blanchflower, Mariana Mazzucato, Jared Bernstein, Simon Wren-Lewis und andere.
Osbornes
Pläne binden die Hände des Staates, sodass auf die sich ständig weiterentwickelnden
wirtschaftlichen Umständen nicht mehr angemessen geantwortet werden kann, gut
oder schlecht.
Der Plan
beseitigt tatsächlich einen der zentralen Zwecke einer modernen Regierung: für
eine stabile Wirtschaft zu sorgen, in der alle gedeihen können. Es ist
unverantwortlich für den Kanzler, ein solch riskantes Experiment mit der
Wirtschaft zu ergreifen, um politische Punkte zu holen. Diese Politik erfordert ein dringendes Umdenken, fassen die
unterzeichnenden Ökonomen kurz zusammen.
Das Vorhaben,
dauerhafte Haushaltsüberschüsse gesetzlich zu verankern, ist eine politische
Spielerei, die die Grundlagen der Wirtschaft ignoriert. Die Regierung per Gesetz
zu zwingen, Ausgaben zu kürzen oder jedes Jahr die Steuern zu erhöhen, um einen
Überschuss im Haushalt zu erzielen, wird als Micawber Economics gekennzeichnet, die die Wirtschaft trocken legen
und in wenigen Jahren eine neue Kreditklemme verursachen würde.
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