Samstag, 13. Juni 2015

Die britische Austeritätspolitik und andere Katastrophen

The Guardian, die britische Zeitung hat heute einen Brief von 79 Ökonomen veröffentlicht. Es geht darum, den Plan von George Osborne, Haushaltsdefizite in normalen Zeiten zu verbieten, zu entlarven.

Die Vorschläge des Schatzkanzlers der Regierung von David Cameron sind für die Komplexität einer modernen Wirtschaft des 21. Jahrhunderts nicht geeignet und als solche riskieren sie eine Liquiditätskrise, die auch Probleme für die Banken auslösen, zu einem Rückgang des BIPs und zu einem Zusammenkrach führen können. Oder alle drei zusammen, so die Ökonomen aus Grossbritannien und den USA.

Volkswirtschaften beruhen auf dem Grundsatz der Sektorverteilung (sectoral balancing), die darlegt, dass die Sektoren einer Wirtschaft von einander Geld leihen und aneinander Geld verleihen und die Überschüsse und Defizite rechnerisch ausgeglichen sind.

Denn wo es einen Kreditnehmer gibt, gibt es auch einen Kreditgeber. M.a.W., wenn der eine Sektor der Wirtschaft an einen anderen Kredit gibt, muss dieser um dengleichen Betrag im Soll sein wie der Kreditnehmer im Haben. Die Wirtschaft befindet sich daher immer im Gleichgewicht, wenn auch nicht immer an der richtigen Stelle.

Die Haushaltslage der Regierung ist nicht unabhängig vom Rest der Wirtschaft und wenn die Regierung versucht, unflexibel Überschüsse zu erzielen, und deshalb nicht mehr Kredit aufnimmt, wird der Domino-Effekt auf den Rest der Wirtschaft erheblich.

Private Haushalte, Verbraucher und Unternehmen müssten sich dann viel mehr verschulden und das Risiko einer persönlichen Schuldenkrise wäre in der Tat sehr real, betonen die Unterzeichner wie z.B. Thomas Piketty, David Blanchflower, Mariana Mazzucato, Jared Bernstein, Simon Wren-Lewis und andere.

Osbornes Pläne binden die Hände des Staates, sodass auf die sich ständig weiterentwickelnden wirtschaftlichen Umständen nicht mehr angemessen geantwortet werden kann, gut oder schlecht.

Der Plan beseitigt tatsächlich einen der zentralen Zwecke einer modernen Regierung: für eine stabile Wirtschaft zu sorgen, in der alle gedeihen können. Es ist unverantwortlich für den Kanzler, ein solch riskantes Experiment mit der Wirtschaft zu ergreifen, um politische Punkte zu holen. Diese Politik erfordert ein dringendes Umdenken, fassen die unterzeichnenden Ökonomen kurz zusammen.

Das Vorhaben, dauerhafte Haushaltsüberschüsse gesetzlich zu verankern, ist eine politische Spielerei, die die Grundlagen der Wirtschaft ignoriert. Die Regierung per Gesetz zu zwingen, Ausgaben zu kürzen oder jedes Jahr die Steuern zu erhöhen, um einen Überschuss im Haushalt zu erzielen, wird als Micawber Economics gekennzeichnet, die die Wirtschaft trocken legen und in wenigen Jahren eine neue Kreditklemme verursachen würde.

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