Paul Krugman forscht zur Zeit am
Graduierten Zentrum der City University New York (CUNY) über das Thema
“Ungleichheit”.
Ein in letzter Zeit oft
angesprochener Aspekt betrifft heute “Ungleichheit und Wachstum”. Diejenigen,
die liberal im amerikanischen Sinne (d.h. sozialdemokratisch) denken, sollten
sich vom Wunschdenken nicht ablenken lassen, in dieser Hinsicht falsche
Schlussfolgerungen zu ziehen, schreibt Krugman in seinem Blog.
Es würde zu unserem Weltbild
perfekt passen, wenn Ungleichheit nicht nur eine schlechte Sache ist, sondern
auch schlecht für das Wirtschaftswachstum, bemerkt der NYTimes Kolumnist weiter und lässt damit Vorsicht walten.
Das ist ein Grund, darüber
nachzudenken, um zu vermeiden, eine solche Schlussfolgerung all zu leicht zu
akzeptieren, hebt der Träger des Nobelpreises für Wirtschaftswissenschaften mit Nachdruck hervor.
Was wissen wir aber wirklich?
Es gibt eine Reihe von Studien,
die auf eine negative Beziehung hindeuten. Aber alle beruhen auf einem
internationalen cross-section Ansatz.
Wie ist die Beziehung zwischen
Ungleichheit und Wachstum?, Graph:
Paul Krugman in NYTimes
Was stimmt aber damit nicht?
Krugman sagt, dass er Zweifel an
der gesamten Regressionsmethode für Wachstum hat, wegen der vielen Probleme mit
der Ermittlung der Kausalität. Zur Erinnerung: Auch die ganze Forschungsarbeit
von Reinhart und Rogoff über die sog. Schulden-Schwelle von 90% beruht auf derselben
Methode.
Abgesehen davon sieht Krugman
keine markante, einfache Beziehung zwischen Ungleichheit und
Wirtschaftswachstum: Alle Ergebnisse hängen dabei ziemlich davon ab, wie man
die Daten zurechtbiegt. Es mag vielleicht richtig sein. Aber es würde damit
etwas herausgekritzelt, was tatsächlich nicht da ist.
Krugman erklärt zudem, dass er bei
seiner Forschungsarbeit nicht den Gini
Index benutzt, sondern die Gornick-Milanovic
Daten für private Haushalte ohne Angehörige über 60 verwendet.
Ausserdem bemisst Krugman das
reale BIP-Wachstum pro Erwachsene im erwerbstätigen Alter (15-64), weil das
rohe BIP pro Kopf von der demographischen Divergenz wesentlich tangiert wird.
Und zuletzt bemerkt Krugman, dass er bei seiner Forschungsarbeit die
Transformationsländer, die in den 1990er Jahren vom Kommunistischen ins
Kapitalistische übergegangen sind, auslässt, weil sie sehr unterschiedliche
Stories hätten.
Aus der von Krugman präsentierten
Abbildung geht hervor, dass es eine sehr geringe negative Beziehung zwischen
Ungleichheit und Wachstum gibt, aber nicht viel.
Grundsätzlich gibt es in den
Wachstumsraten insgesamt keinen grossen Unterschied. Die Nordeuropäer mit
niedriger Ungleichheit bieten eine Reihe von Beobachtungen an, die sich von den
angelsächsischen Ländern mit hoher Ungleichheit nicht merklich unterscheiden.
Im Übrigen schützt niedrige
Ungleichheit auch nicht gegen die Finanzkrise. Die Nordic-Länder haben einige
grosse Krisen in den frühen 1990er Jahren erlebt. Auch Dänemark und die
Niederlande haben eine sehr hohe Verschuldung der privaten Haushalte.
Fazit: Es ist wichtig, zu erkennen,
dass das Fehlen einer klaren Beziehung ein grosser Gewinn für progressiv
denkende Menschen ist: Die Rechten behaupten nämlich immer, dass jeder Versuch, die
Ungleichheit zu verringern, die Stimmung derjenigen, die Arbeitsplätze schaffen
beeinträchtige und das Wachstum abwürge. Es gibt aber in den Daten
keinen Hinweis darauf.
Krugman fasst daher zusammen, dass
er nicht darum bemüht sei, zu behaupten, dass ein Tatendrang gegen die
Ungleichheit, die aus sozialen und politischen Gründen ohne Zweifel von
entscheidender Bedeutung ist, auch das Heilmittel für viele andere Dinge sei.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen