Der unregulierte Markt für ausserbörslichen Derivatehandel war eine grundsätzliche Ursache für die Kernschmelze am Finanzsystem. Die Regulierung des Derivatehandels, der ein Volumen von über 590'000 Mrd. $ hat, ist nach der staatlichen Rettung des Versicherungskonzerns AIG im September 2008 nun von entscheidender Bedeutung. Am 15. Oktober passierte ein Gesetzentwurf (Frank-Plan; genannt nach dem Vorsitzenden des Finanzausschusses Barney Frank) das Financial Service Committee des Repräsentantenhauses. Es geht im wesentlichen um zwei Aspekte: (1) Teilnehmer am Derivatemarkt sollen Sicherheiten hinterlegen. (2) Die Einrichtung einer zentralen Gegenpartei (Central Counterparties = CCPs), die das Kontrahentenrisiko übernehmen soll.
Gefordert ist, dass viele Swaps wie Aktien an der Börse gehandelt werden. Das Marktvolumen für CDS (Credit Default Swaps) beträgt 42'000 Mrd. $. Der Gesetzentwurf sieht aber Ausnahmen vor, was die regulatorische Wirkung untergraben würde. Im August hatte das Weisse Haus, wie Gretchen Morgenson in New York Times berichtet, den ersten Vorschlag an den Kongress geschickt, mit der Empfehlung, dass alle standardisierten Kontrakte an der Börse gehandelt werden sollen. Das Lobbying aus Banken wettert dagegen, weil wenn die Kontrakte das Tageslicht erblicken, (1) die Identität der Teilnehmer öffentlich, d.h. transparent werden wird und (2) es kostet, wenn die Teilnehmer Sicherheiten hinterlegen müssen, was Gewinne von Banken schmälern würde. Sie wollen lieber, dass die Steuerzahler die Zeche zahlen, wie im Rettungsfall von AIG geschehen ist. Eine wichtige Ausnahme im Gesetzentwurf ist ferner, dass der Handel, wenn es um eine Transaktion eines Unternehmens geht, das Swaps einsetzt, um seine Geschäftsrisiken auszugleichen, nicht an die Börse gebracht werden muss. Das Unternehmen wird dabei als „end user“ (Endverwender) bezeichnet. Das Problem ist, wer unter die Kategorie „end user“ fällt, nicht klar definiert ist. Ein Hedge Fonds oder eine Private Equity Firma könnte sich selbst als „end user“ bezeichnen und damit der Kontrolle entziehen. Eine weitere fragwürdige Ausnahme ist, wie Morgenson beschreibt, dass ein börsengehandeltes Swap vom Clearinghouse (zentrale Kontrahentenstelle) als „clearable“ betrachtet werden muss. Die Clearinghäuser sind aber zum Teil im Besitz von Banken. Das heisst, dass sie sich bestimmt nicht selber auf die Finder schauen würden. Es besteht also durchaus die Gefahr einer "Clearing-Befreiung", falls der Gesetzentwurf nicht von Ausnahmen bereinigt werden würde.
Fazit: Es gibt so viele Schlupflöcher, dass die Regulierung sich für die Finanzwelt grösstenteils vermeiden lässt. Nicht nur die standardisierten OTC Produkte, sondern alle derivative Produkte sollten der Regulierung unterliegen.
Weitere Einträge zum Thema Derivate-Regulierung in diesem Blog:
Derivate Regulierung und Warum Wall Street Reformen zum Stillstand kommen und Derivate Trading: OCC Bericht.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen