Gretchen Morgenson klagt heute in einem Artikel in The New York Times, dass es bei allem Gerede über systemische Risiken, Verbraucherschutz und anderen Korrekturen des gebrochenen Finanzsystems eine beunruhigende Stille gibt, was die wichtigste Reform betrifft, wie wir uns von den Banken, die so gross und so eng miteinander verbunden sind, dass ihre Existenz die Welt bedroht, befreien können. Die Entscheidungsträger haben sich während der Kreditmarktkrise der „TBTF“-Politik angenommen, um das System vor dem Zusammenbruch zu retten, sagten sie. Doch obwohl die Krise mittlerweile abgeflaut ist, zeigen die Politiker wenig Interesse daran, die Grösse der Finanzinstituten zu beschränken, bemerkt Morgenson. Das sei besonders erschreckend, da manche Institute in Folge der Krise noch grösser geworden sind. Es sei pervers, so Frau Morgenson, Fehler von Grossbanken mit Rettungsaktionen durch belagerte Steuerzahler zu belohnen. Aber die TBTF-Doktrin begünstige Banken auch in anderer Hinsicht:
Die Implikation, dass eine Institution nicht zusammenbrechen darf, gibt ihr signifikante Kostenvorteile gegenüber den kleineren Insititutionen, die vielleicht Konkurrenten mit mehr Verantwortung sind. Morgenson gesteht, das die Quantifizierung dieser Vorteile schwierig ist. Es gab zwar Zahlen zu den versteckten Vorteilen, die vom Steuerzahler subventioniert werden. Diese sind aber schwer zu schätzen. Folglich glauben, so Morgenson, die Steuerzahler irrtümlich, dass die Subventionen gestoppt werden, wenn die Empfängerin von Bail out ein Darlehen zurückzahlt. Sie zitiert eine von Center for Economic and Policy Research neulich vorgelegte Studie (von Dean Baker und Travis McArthur), wonach sich die Spreads zwischen den durchschnittlichen Kosten bei kleineren Banken und grösseren Institutionen ab März 2008 erheblich erweitert haben. Von Anfang 2000 bis zum IV. Quartal 2007 sind die Kosten der Finanzierung für kleinere Institutionen im Durchschnitt um 0,29% höher gelegen als die Banken mit Vermögenswerten in Höhe von 100 Mrd. $ und mehr. Von Ende 2008 bis Juni 2009 ist der Spread, nachdem die Rettungsaktionen für grosse Banken bekannt wurde, breiter geworden: Im Durchschnitt 0,78%. Auf diesem Niveau, so hat Dean Baker berechnet, beläuft sich der Zuschuss der Steuerzahler für die 18 grossen Banken auf 34,1 Mrd. $ im Jahr.
Der wachsende Spread ist möglicherweise nicht allein der TBTF-Politik zuzurechnen. Denn die Finanzierungskosten der Banken sind auch in anderen Zeiten der wirtschaftlichen Unsicherheit gestiegen, wie z.B. während der Rezession 2001. Nach dem Abschwung stieg damals der cost-of-funds-Spread zwischen den kleinen und grossen Banken auf 0,69%. Laut Baker könnte man eine konservative Einschätzung an den Tag legen, indem man die Differenz zwischen den Spreads während der letzten Rezession und der gegenwärtigen als Messgrösse nimmt. Das ist 0,09%. Demnach ergibt sich eine jährliche Subvention von 6,3 Mrd. $ für Grossbanken. Wichtig ist, die Differenz in Kosten zu messen, um den Unterschied zu sehen, ob die Subvention verschwindet oder es sich dabei um ein anhaltendes Einkommenstransfer handelt. Baker betont, dass es einen Zuschuss gibt und wir uns deshalb fragen müssen, ob wir die Banken brechen und damit den Zuschuss beseitigen. Oder wir müssen uns darauf verlassen können, dass die Regulierung dafür sorgt, damit die Subvention aufgehoben wird.
Das bedeutet eigentlich, dass eine Stärkung der Eigenmittelvorschriften für die Grossbanken unumgänglich ist. Und an einer robusteren Liquiditätsregulierung für die Grossbanken kein Weg vorbeiführt. Morgenson hebt am Schluss hervor, dass es nicht einfach sein wird, die TBTF-Politik zu demontieren, da die Banken den Status quo beibehalten wollen und enorme Macht schwingen. Dennoch haben die Steuerzahler ein Recht darauf, zu erfahren, inwieweit die sog. systemrelevanten Institutionen von „Backstops“ profitieren.
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