Zum Anlass der Verleihung des Friedensnobelpreises an Barack Obama erinnert Joseph Stiglitz an den Tod eines anderen Friedensnobelpreisträgers: Norman Borlaug, der mit seiner Arbeit an der „grünen Revolution“ Hunderte Millionen Menschen vor dem Hungertod rettete. Professor Stiglitz erläutert in diesem Zusammenhang in einem lesenswerten Essay in Project Syndicate, wie verzerrt unser Wertesystem inzwischen geworden ist. Stiglitz gelingt, den Kontrast zwischen Borlaug und den Finanzjongleuren eindrücklich aufzuzeigen.
„Sie argumentierten, dass sie reichlich entschädigt werden müssten, um motiviert zu sein. Ohne ein anderes Wertesystem waren sie durch ihre Anreizstrukturen motiviert, aber nicht dazu, neue Produkte zu entwickeln, um das Leben von gewöhnlichen Menschen zu verbessern oder um zu helfen, Risiken, mit denen die Menschen konfrontiert sind, zu bewältigen, sondern sie setzten die Welt durch ihre kurze Sicht und gieriges Verhalten der Gefahr aus. Die Innovationen der Banker konzentrierten sich auf die Umgehung von Regulierungen im Buchhaltungs- und Finanzbereich, die eigentlich dazu gedacht waren, Transparenz, Effizienz und Stabilität zu sichern und die Ausbeutung von weniger gut Informierten zu verhindern“, so Stiglitz.
Auch Schweizer Publizist Roger de Weck äussert sich in einem ausgezeichneten Text („Diktat der kurzen Frist“) im Magazin von TagesAnzeiger zum Thema „Erosion der Ethik“: „Das Bonus-Virus hat das Arbeitsethos befallen: Wer über sein Spitzengehalt hinaus noch Riesenboni braucht, um sich zu motivieren, hängt nicht an seiner Arbeit. Die Aufgabe, der man sich widmet, verkommt zum Job, den man wechselt wie das Brioni-Hemd. Überzogene Anreize ziehen Spielernaturen und Zyniker an, die sich weder dem Arbeitgeber noch dem Kunden verpflichtet fühlen, sondern der Ausbeute und dem Nahziel, Multimillionär zu werden“.
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