Es geht im Prinzip um die Frage, ob die US-Notenbank (Fed) derzeit einen Fehler begangen hat, indem sie sich vordergründig auf die Überwindung der Finanzmarktkrise konzentriert und zugleich den Inflationsanstieg mehr oder weniger ignoriert. Die Inflation sei so hoch wie lange nicht mehr, lautet die Analyse von vielen Marktbeobachtern. Pessimisten beschwören dabei ein Schreckensszenario herauf. Angetrieben von steigenden Rohstoffpreisen und Nahrungsmittelkosten nehme der Teuerungsdruck sowohl in den USA als auch in Europa zusehends zu. Die Inflationserwartungen steigen dauerhaft und es drohe eine Lohn-Preis-Spirale wie in den 1970er Jahren, klagen manche Experten jenseits des Atlantiks. Paul Krugman ist damit nicht einverstanden.
Embedded Inflation
Wann ist es angemessen, über Inflation sehr besorgt zu sein, und wann ist es OK, dass ein Anstieg der Inflation nur ein vorübergehendes Phänomen ist, fragt sich der New York Times Kolumnist in seinem Weblog. Die Antwort gibt Krugman postwendend: Inflation wird zu einem grossen Problem, wenn sie sich in die Wirtschaft „einbettet“ (embedded in the economy), weil sie es erschwert, mehr oder weniger stabile Preise wiederherzustellen. Die Fed soll es nicht zulassen, dass das Thema Inflation ihre Bemühungen zur Stabilisierung des Finanzssystems und der Wirtschaft behindert, ratschlägt Wirtschaftsprofessor an der Princeton University. Wie aber passiert es, dass die Inflation sich einbettet? Das ist ein Prozess, wo sich Inflation selbst ernährt. Die eingebettete Inflation der 1970er Jahre war beispielsweise verantwortlich für die zweistellige Arbeitslosigkeitsrate in den 1980er Jahren. Das Problem der „eingebetteten“ Inflation betrifft nach Krugmans Einschätzung „nur“ den Teil der Ökonomie mit starren Preisen, wie z.B. mit Löhnen, die bekanntlich lediglich einmal im Jahr festgelegt werden. Mit Rohstoffen wie Öl oder Getreide habe das Problem nichts Gemeinsames. Denn die Preise von Rohstoffen schwanken minütlich. Sie steigen und fallen mehrmals am Tag. Deshalb fokussiere die Fed zu Recht auf die Kernrate der Inflation. Um zu begreifen, ob „eingebettete“ Inflation ein Problem wird, muss man die höchst schwankungsanfälligen Preise von der statistisch ausgewiesenen Inflationsrate (Headline Inflation) abziehen. In den 1970er Jahren sei die Kernrate der Inflation schnell hochgeschossen, nachdem die Energie- und Nahrungsmittelpreise gestiegen waren. Das sei heute nicht der Fall, erläutert Krugman. Es gebe gegenwärtig keine Anzeichen dafür, dass Inflationserwartungen sich in den Preissetzungsprozess der restlichen Wirtschaft „einbetten“.
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