China erlebt derzeit die höchste Inflation seit mehr als elf Jahren. Im Februar ist die Inflationsrate jährlich auf 8,7% gestiegen. Im Dezember hatte Chinas Teuerungsrate bei 6,5% gelegen. Ministerpräsident Wen Jiabao hat unlängst darauf hingewiesen, dass die anhaltende Inflation die grösste wirtschaftliche Gefahr für die Volksrepublik sei. Die Leitzinsen in China sehen so aus: Einjährige Einlagen (borrowing rate) 4,14%, einjährige Ausleihungen (lending rate): 7,47%. Beide liegen unterhalb der Inflationsrate. Das bedeutet, dass der Realzins negativ ist.
Es lohnt sich also für Chinesen nicht, zu sparen. Es ist so, dass die Nahrungsmittelpreise für rund 90% der annualisierten Inflationsrate verantwortlich sind. Die sog. Kernrate der chinesischen Inflation beläuft sich sodann auf 1,6%. Wenn man auch noch die extrem schwankungsanfälligen Energiepreise subtrahieren würde, ergäbe sich eine Kernrate von 1,1%. Die Frage ist nun, ob Chinas Führung sich nun beruhigt zurücklehnen kann und von restriktiven makroökonomischen Stabilisierungsmassnahmen (z.B. Geldpolitik) absehen soll? Da die Inflation mit 1,1% auf jährlicher Basis vernachlässigbar niedrig ist. Nein sagt Stephen Roach, der Chairman, Morgan Stanley Asia. Der brilliante Ökonom warnt China, dieselben Fehler zu machen, wie die US-Notenbank (Fed) in der 1970er Jahren. Arthur Burns, der damalige Fed-Chef, welcher unter Druck von Präsident Nixon stand, verordnete, die Inflation von jetzt an ohne die volatilen Nahrungsmittel- und Energiepreise zu berechnen, da es sich bei den genannten, exogenen Grössen um „spezielle Faktoren“ handelt, die von vorübergehender Bedeutung sind. Roach erinnert an das widrige Marktumfeld und die nachfolgenden schmerzhaften Erfahrungen von damals: rasch steigende Rohstoffpreise, langsameres Wirtschaftswachstum und zunehmende Gesamtinflation. Paralellen sind verblüffend. Sollte sich China aber nur auf die Kernrate konzentrieren, begäbe sich das Land in Gefahr, die Inflationsrisiken zu unterschätzen, hält Roach vor Augen.
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