Paul Krugman befasst sich in seiner lesenswerten Kolumne („What Markets Will“) am Freitag in NYTimes mit Marktfundamentalisten, die uns ständig erzählen, dass der Staat seine
Bemühungen unterlassen soll, um Schmerzen und Leid, die durch die Wirtschaftskrise
ausgelöst werden, zu lindern.
Die Märkte scheinen aber nie
damit einverstanden, dass die menschliche Opfer dafür notwendig seien, erklärt
der von der Princeton University zu
der City University of New York (CUNY)
gewechselte Wirtschaftsprofessor.
Im Übrigen, wie reagieren die
politischen Kreuzfahrer darauf, dass ihre düsteren Vorhersagen (z.B. in Bezug
auf die Inflation und das Haushaltsdefizit) bislang immer daneben gingen? Vor
allem mit Verleugnung, gelegentlich sogar mit Verzweiflung, legt Krugman weiter
dar.
Alan Greenspan zum Beispiel hat
einst erklärt, dass es bedauerlich sei, dass die Zinsen und die Inflation nicht
durch die Decke geschossen sind. Seine Begründung: sonst werde damit ein
falsches Gefühl von Selbstzufriedenheit erzeugt. Das war vor mehr als vier
Jahren. Vielleicht war das Gefühl der Selbstzufriedenheit laut Krugman aber gar
nicht so falsch. Oder?
In der Tat ist die wirkliche
Botschaft des Marktes, wenn man genau hinschaut, so, dass wir ein höheres
Haushaltsdefizit auflaufen lassen und mehr Geld drucken sollen. Und diese
Botschaft wurde in den letzten Tagen sogar stärker. Wovon Krugman redet, ist,
dass die Zinsen als blinkende Warnung nicht auf haushaltspolitische Krise oder galoppierende
Inflation, sondern auf Depression und Deflation hindeuten.
Notenbankgeldmenge (Geldbasis) in
den USA, Graph: Prof. Paul Krugman
Wo ist die Inflation?
Ganz offensichtlich sind langfristige
Zinsen, Renditen der US-Staatsanleihen mit 10 und mehr Jahren Laufzeit,
Zinssätze also, von denen die üblichen Verdächtigen uns ständig erzählen, dass
sie stark steigen würden, falls wir die Staatsausgaben nicht sofort kürzen,
stark gesunken.
Das besagt, dass die Märkte sich
um das Thema Zahlungsunfähigkeit (default
) überhaupt keine Sorgen machen, sondern auf die anhaltende Schwäche der
Wirtschaft hindeuten, was übrigens die Fed davor zurückhält, die (von der
Notenbank kontrollierten kurzfristigen) Zinsen zu erhöhen.
Es ist lehrreich, auch auf die
Zinsen der inflationsgeschützten Staatsanleihen (TIPS) einen Blick zu werfen, so
Krugman: Diese verkünden heute zwei Sachen:
(1) Die Märkte betteln die
Regierungen praktisch an, sich Geld zu leihen und zu investieren, z.B. in
Infrastrukturprojekte. Die Zinsen der inflationsgeschützten Anleihen notieren
knapp über null, sodass die Finanzierung von Strassen, Brücken und Kanälen fast
zum Nulltarif käme.
(2) Die Differenz zwischen den Renditen der nominalen
US-Staatsanleihen (UST) und den Renditen der inflationsgeschützten
Staatsanleihen (TIPS), die ja Inflationserwartungen zeigt, in den vergangenen
Monaten stark zurückgegangen ist. Das wiederum bedeutet, dass die anhaltende
niedrige Inflationsrate weit unterhalb der Zielinflationsrate der Fed verläuft.
Staatsausgaben im Verhältnis zum
BIP in den USA, Graph: Prof. Paul Krugman
Staatsausgaben gehen zurück. Sie explodieren nicht.
Der Markt sagt uns im Grunde
genommen, dass die Fed nicht einmal annähernd genug Geld druckt, fasst der im Luxembourg
Income Study Center forschende Träger des Nobelpreises für Wirtschaftswissenschaften
als Fazit zusammen.
Auf jeden Fall, wenn jemand Ihnen
das nächste Mal sagt, dass wir etwas unternehmen müssen, um die Märkte zu
beruhigen, fragen Sie sich, woher diese
Person es wisse. In Wahrheit ist es so, dass diejenigen, die darüber reden, was
die Märkte wollen, eigentlich versuchen, uns anpöbeln, zu tun, was sie selbst
wollen.
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