Es gibt eine
Nullgrenze für den Nominalzinssatz. Das heisst, dass der Nominalzinssatz nicht
unter null fallen kann.
Die Frage ist,
ob die Notenbank die Fähigkeit hat, die gesamtwirtschaftliche Nachfrage
anzukurbeln. Die Nullgrenze (zero lower bound) kann nämlich die
Wirksamkeit der (herkömmlichen) Geldpolitik begrenzen.
Die
volkswirtschaftliche Situation, in der Geldpolitik versagt, weil der
Nominalzinssatz nicht unter null fallen kann, wird als Liquiditätsfalle (liquidity trap) bezeichnet.
Wenn die
Wirtschaft also in eine Liquiditätsfalle gerät, geht die Kreditnachfrage zurück
und es entsteht eine Produktionslücke (output
gap). Die Arbeitslosenquote steigt rasch über die natürlichen
Arbeitslosenquote.
Jede Erhöhung
der Notenbankgeldmenge (monetary base)
hat keine Auswirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage, weil Bargeld (cash) und kurzfristige Staatspapiere als
gleichwertig wahrgenommen werden. Die privaten Wirtschaftssubjekte bevorzugen
Kassenhaltung, weil sie dadurch bei einer negativen Inflationsrate einen
positiven Realzinssatz erzielen.
Das war in den 1930er Jahren während der Grossen
Depression in den USA der Fall. Die
amerikanische Wirtschaft steckte in einer Liquiditätsfalle und das Publikum
erwartete Deflation.
Japan hat in den 1990er Jahren die Nullzinsgrenze
kennengelernt. Die Öffentlichkeit erlebte Deflation. Die japanische Zentralbank
(BoJ: Bank of Japan) war unfähig,
durch weitere Zinssenkungen die Wirtschaft wiederzubeleben.
Die Tatsache,
dass Japan als erste grosse Volkswirtschaft seit den 1930er Jahren Deflation
begegnete, sollte Europa alarmieren. Doch reagierten die europäischen Entscheidungsträger
auf die Verminderung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage, die sich aus der
wachsenden Schuldenlast (debt deflation)
ergab, mit Austeritätspolitik:
Das heisst
Haushaltskonsolidierung via harsche Sparmassnahmen. Die Peripherie der Eurozone
geriet schnell in eine Schuldendeflation, wo die steigende reale Last der
Schulden die Rezession im Euro-Raum weiter verstärkt hat.
Die Eurozone
erfährt nun Sparparadoxon (paradox of
thrift): Wenn in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft alle sparen, sinkt
die gesamtwirtschaftliche Nachfrage. Es steht fest, dass die Austerität genau
das falsche Rezept ist. Die Regierung kann das Haushaltsdefizit nicht
reduzieren, wenn ihre Einnahmequelle (nämlich das Volkseinkommen) schrumpft.
Die Lösung ist à
la Keynes: Expansive Fiskalpolitik.
Eine Vergrösserung der Basisgeld führt in einer Welt, wo Schulden abgebaut
werden und die Zinsen nahe null liegen, nicht zu einer galoppierenden
Inflation. Investitionen der öffentlichen Hand in die Infrastruktur zur Ankurbelung
der Konjunktur in Zeiten der Depression ist „free lunch“, schreibt Larry Summers in einem lesenswerten
Artikel („Why public investment really is
a free lunch“) heute in der FT. Warum sträubt sich aber die EU wider besseres Wissen dagegen?
PS: Die Angst vor Deflation ist der Grund dafür, warum die
Zentralbanken Preisniveaustabilität verfolgen, d.h. eine niedrige
Inflationsrate von 2 oder 3% anstreben als null Prozent, weil dadurch die
volkswirtschaftlichen Kosten tief bleiben und die Gefahr, in eine
Liquiditätsfalle zu geraten, erheblich abnimmt.
Man denke daran,
dass Deutschland in den 10 Jahren davor, bevor die Euro-Krise ausbrach, jedes
Jahr im Durchschnitt eine Inflationsrate von weniger als 1,5% gehabt hat und
damit die Zielinflationsrate der EZB deutlich unterboten hat. Dass diese
Entwicklung in der EWU früher oder später zu deflationären Tendenzen führen
würde, lag auf der Hand, wovor z.B. Heiner Flassbeck in Europa mehrmals gewarnt hat.
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