Montag, 27. Oktober 2014

Deutsche makroökonomische Sicht und Eurozone

Was in der Eurozone bisher in makroökonomischer Hinsicht geschehen ist, lässt sich mit drei Aspekten hervorheben:

Die Geldpolitik der EZB war seit dem Anfang der Great Recession zu zaghaft, was mit dem Einfluss der deutschen Mitglieder im EZB-Rat zu tun hat.

In Verbindung mit der Austerität hat dies zu einer zweiten Rezession in der Eurozone geführt, wobei es unumstritten ist, dass die Austerit auf der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage lastet. Die führenden Vertreter der Austeritätspolitik kommen aus Deutschland.

Ausser Deutschland ist ziemlich jeder damit einverstanden, dass die Eurozone Fiscal Stimulus in Form eines öffentlichen Konjunkturprogramms (Investitionen) und Quantitative Easing (Kauf von Staatsanleihen durch die EZB) benötigt, um die Rezession schnell zu beenden. Und das Haupthindernis ist die deutsche Bundesregierung.

Vor diesem Hintergrund befasst sich Simon Wren-Lewis in seinem Blog mit der Frage, warum Deutschland so erfolgreich ist, diese Massnahmen zu verzögern oder zu blockieren?

Die deutsche Wirtschaft macht weniger als ein Drittel der Eurozone aus, während das französische, italienische und spanische BIP zusammen gefasst fast die Hälfte der Wirtschaft der Eurozone repräsentiert. Wieso scheitern Frankreich, Italien und Spanien aber daran, sich Deutschland zu widersetzen?




Lohnstückkosten in der Eurozone, Graph: Prof. Heiner Flassbeck, 2011 in: „The Euro – a Story of Misunderstanding

Hat das Ganze mit nationalen Interessen oder mit makroökonomischen Visionen zu tun?

Der an der Oxford University lehrende Wirtschaftsprofessor neigt dazu, zu sagen, dass die Debatte mit unterschiedlichen makroökonomischen Ansichten zu tun hat.

Deutschland hat eine Niedriginflation und keine so grosse negative Produktionslücke (output gap) wie der Rest der Eurozone, weil es die Eurozone mit Lohnmoderation unterboten hat. Das Wachstum der Nominallöhne verläuft in Deutschland unter dem Durchschnitt der Eurozone. Das Wachstum der Reallöhne blieb in Deutschland von 2000 bis 2007 unter der Produktivität. Die Inflationsrate verlief in diesem Zeitraum einfach zu niedrig. Das ist eine beggar my neigbour policy, so Wren-Lewis.

Fast alle erkennen die Lücke in der Wettbewerbsfähigkeit innerhalb der Eurozone. Aber fast niemand wagt es, zu sagen, dass das Problem von Deutschland ausgelöst wurde, so Wren-Lewis.

Als Fazit vertritt Wren-Lewis die Meinung, dass das gegenwärtige Problem der Eurozone von einem einzigen Land verursacht werde: Deutschland.

Seiner Ansicht nach ist die Quelle des Problems die divergierende makroökonomische Vision der deutschen Entscheidungsträger. Aus der deutschen Perspektive sei das europäische Problem auf die verschwenderische Regierungen an der EU-Peripherie und den Mangel an strukturellen Reformen zurückzuführen. Dieser Standpunkt ist laut Wren-Lewis „völlig unangemessen“.

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