Die Arbeitslosigkeit in der
Eurozone ist heute höher als in 2009-2010. Das reale BIP ist immer noch tiefer
als das Niveau im Jahr 2008. Mittlerweile stellt sogar Deflation eine grössere
Gefahr als die Inflation dar.
Es ist keine Frage, dass es um
die europäische Wirtschaft nicht gut bestellt ist. Bemerkenswert ist aber, dass
die gegenwärtige makroökonomische Wirtschaftspolitik der Eurozone zur Zeit im
angelsächsischen Raum mehr Anlass zu Diskussion gibt als im Kontinentaleuropa
selbst.
Alan Blinder schreibt in einem lesenswerten Artikel („Enough with European Austerity, bring on the stimulus“) in WSJ, dass er sich i.d.R. in die Wirtschaftspolitik anderer Länder nicht einmischt. Er möchte aber eine Ausnahme, was die Eurozone betrifft. Aus zwei Gründen: (1) weil die Wirtschaftspolitik sich auch auf die anderen Länder auswirkt und (2) die Fehler dabei nur zu offensichtlich sind.
Der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor unterstreicht,
dass die deutsche Wirtschaft zwischen 2008 und 2013 insgesamt um 2,2% gewachsen
ist, nicht jährlich um 2,2%. Die deutsche Wirtschaft mag heute gut aussehen,
aber nur weil der Rest der Eurozone schlecht aussieht.
Deutschlands vergleichbare
Performance ist von Reformen getragen, die vor dem Ausbruch der Krise realisiert
wurden, nicht während der Eurokrise, hebt Blinder hervor. Seiner Ansicht nach
bietet die deutsche Wirtschaftspolitik daher kein Vorbild für Europa. Doch
verhindert die „deutsche Besessenheit von der Austerität“ das gesamte Wirtschaftswachstum
in der Eurozone zurück, so Blinder.
Dass die Erholung der Wirtschaft
nicht vorankommt, hat damit zu tun, dass Deutschland andere EU-Länder drängt,
mitten in einem schweren Abschwung Haushaltskonsolidierung anzustreben. Der
harsche Sparkurs (budgetary austerity
program) lastet auf dem Wachstum der Eurozone.
Der ehemalige Vize-Vorsitzende
der US-Notenbank hält die Idee für Strukturreformen an sich nicht für schlecht.
Aber der besondere Fokus auf strukturelle Reformen, während die Wirtschaft
bereits in einer Rezession steckt, reflektiert seiner Meinung nach Verwirrung
zwischen den längerfristigen angebotsseitigen und kurzfristigen
nachfrageseitigen Massnahmen:
Strukturelle Massnahmen dienen
dazu, die Fähigkeit eines Landes zu erhöhen, Güter und Dienstleistungen anzubieten,
d.h. die Produktivität zu steigern, was langfristig wichtig ist. Kurzfristig
gibt es aber reichlich ungenutzte Kapazität in der Eurozone, wenn die Wirtschaft
in Depression steckt. Heute ist daher Nachfrage-Stimulus notwendig. Die Lösung
auf der Angebotsseite zu suchen, ist deshalb nicht angebracht.
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