Donnerstag, 16. Oktober 2014

Euro-Raum mit Leid und Schmerz

Die jährliche Inflation im Euro-Raum ist auf 0,3% gesunken, wie eurostat heute mitgeteilt hat. Dies ist die niedrigste jährliche Inflationsrate seit Oktober 2009. Im September 2013 hatte sie noch 1,1% betragen.

Die Frage, warum die Inflation fällt, ist berechtigt. Schliesslich liegt die Bankenkrise sechs Jahre zurück.

Und warum verharrt die Arbeitslosigkeit auf sehr hohem Niveau? Die naheliegende Antwort ist Austerität (fiscal austerity).

Landet die Wirtschaft auf der Nullzinsgrenze (zero lower bound), ist expansive Fiskalpolitik notwendig. Denn wenn die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt bzw. Depression vorherrscht, bedarf es zur Wiederbelebung der Konjunktur der Ausgabe von öffentlichen Haushaltsmitteln. Denn die (herkömmliche) Geldpolitik verliert bei Zinsen nahe null an Wirksamkeit. Die Notenbank kann die Zinsen nicht unter null senken.

Die europäischen Staats- und Regierungschefs wollen aber weder QE-Politik (sprich unkonventionelle Geldpolitik) noch fiskalpolitischen Stimulus. Was wollen sie aber? Sie wollen die Schuldnerländer im Euro-Raum bestrafen, nach dem Motto: Wer Schulden hat, ist Schuld.


Inflation im Euro-Raum, Graph: eurostat

Es ist daher nicht übertrieben, zu sagen, dass die europäische Austeritätspolitik weniger auf Wirtschaftsanalyse als vielmehr auf Deutschlands moralischer Empörung über die Vorstellung beruht, dass die unverantwortlichen Kreditnehmer mit der vollen Konsequenz ihrer Handlungen sonst nicht konfrontiert würden, wie Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Revenge of the Unforgiven“) in NYTimes beschreibt.

Das heisst, dass daher weder Abschreibung noch Erlass der Schulden in Frage kommt. Was sagt aber die historische Erfahrung dazu? Ist ein Fall bekannt, wo es gelungen ist, durch strikte Haushaltskonsolidierung eine schwere Schuldenkrise zu überwältigen? Nein. Grossbritannien hat es nach dem Ersten Weltkrieg versucht. London ist aber gescheitert, Schulden mit Haushaltsüberschuss abzutragen.

Was heute passiert, ist, dass die reale Last der Schulden steigt, angesichts der fallenden Inflation, was die Erholung der Wirtschaft erschwert und den Euro-Raum darüber hinaus in eine weitere Rezession schickt, wenn nichts dagegen unternommen wird.

Wenn in schlechten Zeiten alle sparen, sinkt die gesamtwirtschaftliche Nachfrage, was auf dem Wirtschaftswachstum lastet. Die Folge ist, dass das Defizit kaum schrumpft. Der Euro-Raum scheint mit viel Leid und Schmerz auf Depression und Deflation zuzusteuern.

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