Sonntag, 19. Oktober 2014

Warum sollen wir uns um Ungleichheit kümmern?

„Ungleichheit“ ist in aller Munde. Die Frage wurde zunächst durch die „Occupy-Bewegung“ wiederbelebt und hat dann durch das Buch von Thomas Piketty politisch an Brisanz gewonnen. Mit der Debatte über Mindestlohn steht sie nun endgültig im Mittelpunkt der Tagesordnung der Öffentlichkeit.

Bevor wir eine Antwort darauf suchen, warum wir uns um Ungleichheit kümmern sollen, ist es wichtig, darauf hinzudeuten, dass der Begriff „Ungleichheit“ in vielen Zusammenhängen verwendet wird.

Damit es klar wird, was gemeint ist, wenn man über Ungleichheit redet, sind drei Aspekte zu vergegenwärtigen, wie Dietz Vollrath in seinem Blog nahelegt:

(1) Die 1% versus 99%. Das heisst der Unterschied im durchschnittlichen Jahreseinkommen der obersten 1% aller Haushalte im Vergleich zum durchschnittlichen Jahreseinkommen der unteren 99%.

(2) Die Stagnation der Reallöhne (median real wages) und diejenigen unter dem Median.

(3) Das College Premium oder die Lücke im Verdienst zwischen denjenigen, die einen College-Abschluss haben und denjenigen, die keinen College-Abschluss haben.

Warum sollen wir uns aber um die Stagnation der Reallöhne (median wages) kümmern?

Erstens; weil ich besser gestellt werde, wenn jeder am Wohlstand teilhaben kann, erklärt der an der University of Houston lehrende Wirtschaftsprofessor. Was er damit meint, sind Dienste wie Bildung, Gesundheitsversorgung Reparaturen zu Hause usw, die leicht verfügbar und billig sind.

Die Art und Weise, dies zu erreichen, liegt an der Entwicklung eines grossen Vorrats an Fachkräften wie z.B. Lehrer, Krankenschwestern, Elektriker, Zimmerleute usw. Diejenigen Menschen am unteren Ende der Einkommensverteilung haben oft nicht genug Einkommen, um solche Investitionen privat zu tätigen, sodass es der öffentlichen Bereitstellung dieser Investitionen (z.B. Schulen) bedarf oder Transfers, um private Auslagen zu unterstützen.

Man kann aus ideologischen Gründen öffentliche Investitionen oder Transfers ablehnen. Es ändert aber nichts an der Tatsache, dass stagnierende Löhne ein Hindernis für diese Investitionen sind.

Zweitens, weil die Menschen am unteren Rand der Einkommensverteilung einfach da sind und nicht verschwinden werden. Wir können in diese Menschen investieren oder wir können mit unserem Geld versuchen, uns vor diesen Menschen mit dem Bau von Gefängnissen und dem Einsatz von Polizeibeamten zu schützen.

Es gibt aber auch Gegenargumente: „Ich kümmere mich nicht um Ungleichheit per se, sondern darum, dass es auf dem Arbeitsmarkt strukturelle Probleme gibt. Warum packen wir nicht solche grundlegenden strukturellen Probleme nicht an?“

Vollrath antwortet darauf, dass diese strukturellen Fragen ein Problem der Unterinvestitionen sind. Die gegenwärtige Verteilung von Einkommen und Vermögen in der Bevölkerung kann organisch nicht dafür sorgen, dass solche Investitionen getätigt werden. Die Allokation ist also ein Problem.

Kurzum: Wenn man sich um diese strukturelle Probleme kümmert, kommt man nicht darum  herum, über die Verteilung von Einkommen und Vermögen im Besonderen zu reden.

Was ist zu tun? Vollrath befürwortet die Anhebung der Grenzsteuersätze und Vermögenssteuersätze, und zwar zurück auf die Ebene in den 1990er Jahren.

Exkurs:

Der typische Haushalt beruht auf dem „Median“, dem Haushalt in der „Mitte“. Das heisst, dass die Hälfte der Haushalte im Land ein höheres Einkommen hat und die Hälfte ein niedrigeres.

Median-Einkommen: Jenes Haushaltseinkommen, bei dem die Hälfte der Haushalte ein höheres und die Hälfte an niedrigeres Einkommen hat.




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