Freitag, 3. Oktober 2014

Bill Gross-Geschichte und Depression-Verweigerung-Syndrom

Vergangene Woche hat Bill Gross die Pasific Investment Management Company, bekannt als Pimco abrupt verlassen. Gross hatte die Investmentgesellschaft mit Sitz in Newport seit Jahrzehnten geleitet. Menschen, die die Finanzindustrie kennen, waren schockiert, aber nicht unbedingt überrascht. Denn in den Medien gab es bereits im Vorfeld des Abgangs zahlreiche Geschichten von inneren Unruhen zu lesen.

Warum uns das Ganze interessieren soll, erklärt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Depression Denial Syndrome“) am Freitag in NYTimes.

Gross‘ Sturz ist ein Symptom für eine Krankheit, die die wichtigsten Entscheidungsträger im öffentlichen und privaten Sektor befallen hat: Depression-Verweigerung-Syndrom, wie der am Graduierten  Zentrum der City University of New York (CUNY) lehrende Wirtschaftsprofessor beschreibt.

Es handelt sich dabei um eine Weigerung, anzuerkennen, dass die herkömmlichen Regeln in einer anhaltend angeschlagenen (depression) Wirtschaft nicht mehr gelten.

Wir halten Haushaltsdefizite i.d.R. für eine schlechte Sache, weil die staatliche Kreditaufnahme mit der privaten Kreditaufnahme konkurrieren würde, was die Zinsen in die Höhe schleudern und auf Investitionen lasten würde. Seit 2008 steckt aber die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle. Das ist eine Situation, wo ein Anstieg des Haushaltsdefizits nicht einen Anstieg der Zinsen auslöst.

Das mag sich seltsam und nicht eingängig anhören. Es ist aber nach den Grundlagen der Makroökonomie richtig. Viele, vielleicht sogar die meisten einflussreichen Menschen in der angeblich realen Welt weigerten sich aber, daran zu glauben, was das Thema wieder zu Bill Gross Fall bringt.


Für eine lange  Zeit schien Pimco im Hinblick  auf das Haushaltsdefizit bewundernswert ruhig, und dies mit guten Ergebnissen, wo Paul McCulley, Managing Director die Logik der Liquiditätsfalle zu erläutern wusste.

Dann hat sich etwas geändert. McCulley hat Ende 2010 die Pimco verlassen. Und Gross hat sich an Defizit-Hysterie angeschlossen, wie Krugman weiter schildert.

Gross hat nämlich angekündigt, dass die Niedrigzinsen Investoren Erträge rauben und er alle US-Staatsanleihen in seinem Bestand abstossen wolle. Inbesondere hat Gross einen raschen Anstieg der Zinsen vorausgesagt, wenn die Fed die QE-Politik im Juni 2011 wie geplant zu Ende führen sollte. Er lag völlig falsch mit der Aussage. Weder er noch die Pimco hat sich seither wieder jemals erholen können.

Ist das also eine erbauliche Erzählung, in der schlechte Ideen sich durch Erfahrung als falsch erweisen, die die Menschen Augen öffnen lässt und wo sich die Wahrheit durchsetzt? Nein, antwortet Krugman. In der Tat ist es sehr schwer, Leute zu finden, die ihre Ansicht geändert hätten. Leute, die vor fünf Jahren eine rasch steigende Inflation und Zinsen prognostiziert hatten, weisen heute jede Anregung kräftig zurück, sich ihre Ansichten und Vorhersagen im Lichte der empirischen  Erfahrung zu revidieren.

Und das ist, was die Bill Gross Geschichte interessant macht. Er ist so ziemlich der einzige Hysteriker, der einen Preis dafür zahlt, dass er falsch lag, auch wenn er natürlich unermesslich reich bleibt. Pimco hat einen Schlag einstecken müssen. Aber die Herrschaft des Fehlschlags setzt sich überall ungetört fort.

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