Montag, 20. Oktober 2014

Depression und unfreiwillige Arbeitslosigkeit

Mit dem offensichtlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit im Jahr 1930 hat John Maynard Keynes seine Wirtschaftstheorie weiter ausgebaut. Damit hat er zur Entstehung eines neuen Bereichs, was heute als Makroekonomie bekannt ist, wesentlich beigetragen.

Mit dem Sparparadoxon  (paradox of thrift) hat Keynes darauf hingedeutet, dass die gesamtwirtschaftliche Nachfrage sinkt, wenn in schlechten Zeiten alle gleichzeitig sparen. Sein neuer Ansatz (macroeconomics) hat dem Wort „Arbeitslosigkeit“ ausserdem eine neue Bedeutung beigemessen.

In den zum grössten Teil landwirtschaftlich geprägten Volkswirtschaften des 19. Jahrhunderts waren die Menschen in einem jährlichen Zyklus, der sich durch wirtschaftliche Konditionen nicht änderte, beschäftigt. Arbeitslose Menschen konnten entweder keine Arbeit finden oder sie wollten einfach nicht arbeiten. Sie wurden im nachhinein als „freiwillig arbeitslos“ bezeichnet.

Keynes hingegen hat die Konditionen beschrieben, in denen Arbeitnehmer arbeiten wollen, aber keine Stelle finden. Sie sind unfreiwillig arbeitslos. Diese Art von Arbeitslosigkeit hat sich v.a. Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt.

Das Sparparadoxon kann dazu führen, wie Keynes gezeigt hat, dass die Arbeitsplätze für diejenigen Menschen, die eine Arbeit suchen, knapp werden.



Arbeitslosigkeit in den USA, der EU und in Japan im Vergleich, Graph: Morgan Stanley

Keynes war der erste Ökonom, der argumentierte, dass unfreiwillige Arbeitslosigkeit ein Ergebnis des Versagens auf dem Produktmarkt ist, nicht eines Versagens auf dem Arbeitsmarkt.

Das Problem lag also nicht in Lohnverhandlungen, sondern im Unvermögen der Unternehmen, ihre Produkte zu verkaufen, was wiederum ein Ergebnis der Sparbemühungen in der gesamten Wirtschaft war, was schliesslich auf dem BIP lastete, in Form eines verminderten Wirtschaftswachstums. Wenn alle gleichzeitig auf Sparkurs setzen, führt die geringere Nachfrage nach Produkten zu einem geringeren Konsum. Am Schluss geht es allen schlechter.

Das ist eine Lehre aus der Great Depression, die heute in der im Sog der Finanzkrise von 2008 ausgelösten schweren Rezession in der Eurozone nicht vergessen werden darf. Arbeitskräfte sind arbeitslos, weil es nicht genügend Jobs gibt, nicht weil sie in Gewerkschaften organisiert sind oder „zu hohe“ Löhne fordern.

Der Weg zur Vollbeschäftigung führt daher via Produktmärkte, die vorerst gerichtet werden müssen. Es ist unangebracht, im heutigen Umfeld der depressiven Wirtschaft von Fachkräftemangel zu reden. Das Augenmerk auf die Angebotsseite der Wirtschaft zu richten, ist irreführend. In der Great Recession haben wir schliesslich mit Nachfragemangel zu tun.



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