Immer dieselbe Leier: Die
geschäftsführenden Vorstandsmitglieder der grössten US-Konzerne beschweren sich
ständig über das Steuersystem und hohe Unternehmensbesteuerung.
Das Problem hat in den USA im
Sommer 2014 mittlerweile einen Siedepunkt erreicht. Viele grosse amerikanische
Unternehmen strengen sich an, kleinere ausländische Rivalen zu kaufen („steueroptimierende
Übernahmetrickserei“), damit sie ihre „unternehmerische Staatsbürgerschaft“
aufgeben und die der ausländischen Gesellschaft im Übersee annehmen, um
Steuerlast zu senken.
Immer wieder hören wir, dass
Unternehmen solche Massnahmen treffen, um sich wettbewerbsfähiger zu machen.
Die Lösung sei, das Steuersystem zu reformieren und Körperschaftssteuersätze zu
senken.
Stimmt aber die Geschichte? Nicht
ganz, sagt Edward D. Kleinbard, wie Andrew Ross Sorkin in Dealbook, dem Blog von NYTimes ausführlich schildert.
Der an der University of Southern California lehrende Wirtschaftsprofessor
vertritt die Ansicht, dass das US-Steuersystem die globale Wettbewerbsfähigkeit
der US-Unternehmen nicht beinträchtigt. Es ist tatsächlich das Gegenteil der
Fall, wie aus seiner jüngsten Studie („Competitiveness has nothing to
do with it“) hervorgeht.
Es wird aber bei jeder
Gelegenheit erzählt, dass die USA mit 35%
die höchsten Unternehmenssteuern aller Industrieländer haben: Irland 12,5%,
Grossbritannien 21%, Niederlande 25% usw. Der entsprechende Wert im
OECD-Durchschnitt liegt auf 24,1%.
Das mag alles stimmen. Aber die
meisten multinationalen Unternehmen der Vereinigten Staaten zahlen nicht
annähernd 35% Steuern, so Kleinbard. US-Konzerne zahlen im Durchschnitt 12,6% gemäss Daten von Government Accountability Office aus dem
Jahr 2010, dadurch dass sie absichtlich Haufen Bargeld im Ausland verstecken.
Unternehmen wandern ins Ausland
nicht wegen der angeblich tieferen Steuersätze, sondern wegen der Möglichkeit, dort
das Bargeld zu lagern, erklärt Prof. Kleinbard weiter. US-Unternehmen sitzen
heute auf einem Berg von 2‘000 Mrd. USD Bargeld.
Apple, das wertvollste Unternehmen der Welt hat 2013 gezeigt, dass multinationale
Unternehmen oft auf ihre Offshore-Gelder zurückgreifen können, ohne
Steuerkosten erleiden zu müssen. Es geschieht so, dass das Unternehmen in den
USA Kredit aufnimmt, und die Zinserträge auf das Bargeld im Ausland verwendet,
um die Zinsen auf den Kredit in den USA zu zahlen.
Das amerikanische Steuersystem
erlaubt es Unternehmen, die Zinserträge auf Cash-Positionen im Ausland (offshore) in die Einnnahmen der
Muttergesellschaft in den USA einzubeziehen. Damit wird die steuerliche
Absetzbarkeit von Zinsaufwand auf die Kreditaufnahme in den USA ausgeglichen.
Im Ergebnis sieht es so aus, als ob das Unternehmen seine Cash-Positionen im
Ausland steuerfrei in die USA gebracht hätte.
Als Fazit hält Kleinbard fest,
dass das US-Steuersystem nicht vollkommen ist. Aber es erwächst daraus keine
unfaire Steuerlast, die die globale Wettbewerbsfähigkeit der multinationalen
Unternehmen schwächen würde.
PS: Passend zum Thema ist
ein weiterer, lesenswerter Artikel („Who
pays corporate taxes?“) von Justin Fox
in HBR. Der Autor argumentiert, dass es nicht die multionationalen Unternehmen
sind, die Körperschaftsteuer zahlen, sondern die Bürger in Form von niedrigeren
Löhnen und schrumpfenden Sozialleistungen.
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