Wenn man über die Euro-Krise
nachdenkt, ist es angemessen, die Eurozone als Ganzes zu betrachten. Was aber dabei
öfters in Vergessenheit zu geraten scheint, ist die Tatsache, dass die EU eine
Währungsunion ist, wo die EU-Staaten die Führung der Geldpolitik an die EZB
übertragen und sich stattdessen auf die Einhaltung eines gemeinsam festgelegten
Inflationszielwertes einigen.
Wenn ein EU-Land (z.B. durch
Lohn-Dumping) die Ziel-Inflationsrate der EZB auf lange Sicht unterbietet, kann
es seine Wettbewerbsfähigkeit verbessern. Das gilt z.B. für Deutschland von
2000 bis 2007, wie Simon Wren-Lewis
in seinem Blog mit der folgenden Abbildung
darlegt. Während Frankreich sich an die gemeinsamen Regeln gehalten hat, hat Deutschland
die Lohnstückkosten gesenkt. In Frankreich sind die Löhne im Einklang mit der
Produktivität angestiegen. In Deutschland hat der Druck auf die Löhne die
Binnennachfrage geschwächt und die
Beschäftigung vermindert.
Die Eurozone, die in Deflation
rutscht, leidet nun unter einem chronischen Mangel an Gesamtnachfrage. Die OECD
schätzt die Produktionslücke (output gap) 3,5% für 2013.
Die EU-Behörden, die mit der Geldpolitik
nicht noch weiter gehen wollen und die Fiskalpolitik aus ideologischen Gründen ablehnen,
ignorieren damit die Lehren aus der Great
Depression 1920/1930 (Weltwirtschaftskrise) ignoriert werden, wie der an
der Oxford University lehrende
Wirtschaftsprofessor unterstreicht.
Lohnstückkosten in der Eurozone
und wie Deutschland den Rest der Eurozone an die Wand drückt, Graph: Prof. Simon Wren-Lewis
Statt Fiscal Stimulus setzt die
EU wider besseren Wissens Austeritätspolitik um, auferlegt durch den (deflationären)
Stabilitäts- und Wachstumspakt (SGP).
Die EU-Behörden lassen zugleich auch die zweite Lehre aus der Great Depression (und dem Gold Standard) ausser Acht, dass die Anpassung der Kosten und Preise durch
Deflation und Lohnkürzungen schwer ist
und unnötige Schmerzen verursacht.
Da die Schuldnerländer und die
Gläubigerländer in der Eurozone nicht über eine eigene Währung verfügen, ist Abwertung wie damals in den 1930er Jahren als Lösungsweg nicht verfügbar.
Anpassung ist jedoch viel weniger
kostspielig erreichbar, wenn die Preise in den Ländern, die „zu
konkurrenzfähig“ sind, steigen, und in den Ländern, die nicht konkurrenzfähig
sind, sinken. Das bedeutet in der Praxis, dass die Inflation in Deutschland auf
3% steigen, während sie im Rest der Eurozone sich auf 1% belaufen würde, damit
die Inflation im Durchschnitt rund 2% beträgt.
Prof. Wren-Lewis spricht in
seinem Beitrag nicht einmal über die Schulden oder Strukturreformen. Warum
nicht? Weil sie von dem aktuellen Problem ablenken: die unzureichende
gesamtwirtschaftliche Nachfrage und die Inflation, die deutlich unter der
Ziel-Inflationsrate (target inflation)
der EZB liegt.
Die wichtigsten zwei Lehren aus
der Weltwirtschaftskrise (The Great
Depression) legen nahe, dass es einer expansiven Fiskalpolitik bedarf, um
die Wirtschaft aus der Liquiditätsfalle zu holen. Darauf zu bestehen, dass die
Schuldnerländer die Kosten der Anpassung tragen, löst hingegen viel
menschliches Leid aus, und zwar unablässig.
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