Dienstag, 5. August 2014

Unkonventionelle Geldpolitik und Inflationserwartungen

Die Fed hat auf die schweren Folgen der Finanzkrise von 2008 sofort mit dem Einsatz der unkonventionellen Geldpolitik reagiert. Die EZB hat aus dogmatischen Gründen zunächst lange gezögert. Aber Mario Draghi, EZB-Chef hat schliesslich auch auf unkonventionelle Mittel zurückgreifen müssen, um den EUR am Leben zu erhalten.

Insbesondere hat Draghi am 5. Juni 2014 eine Reihe von unkonventionellen Massnahmen angekündigt: 

(1) Der Satz für Hauptrefinanzierungsgeschäfte (Refi Satz) wurde auf 0,15% gesenkt, 

(2) Der Satz für Einlagefazilität wurde unter null gesetzt (-0,10%) und 

(3) Eine neue Kreditvergabe (bank lending facility), genannt TLTRO wurde geschaffen, nur für die privaten Banken (ohne Darlehen an private Haushalte z.B. zum Hauskauf).

Zum Teil wurde die EZB-Aktion als historisch bezeichnet. Die Folgen waren wie vielfältig: (1) Die Renditen der Staatsanleihen im Euro-Raum sind gefallen, (2) Der Euro hat sich gegenüber dem USD abgewertet und (3) Die Aktienkurse sind in Europa, besonders in Deutschland stark gestiegen.

Bemerkenswert ist aber, dass die Inflationserwartungen davon kaum tangiert wurden. Warum? Damit befasst sich Alejandro Badel in einem lesenswerten Beitrag auf der Web Site (On the Economy) der US-Notenbank St. Louis Fed.



Inflationserwartungen im Euro-Raum (gemessen an Break-even Sätzen), Graph: Alejandro Badel in St. Louis Fed

Inflationserwartungen werden i.d.R. an Breakeven-Inflation gemessen. Das ist die Differenz zwischen der Rendite der nominalen Staatsanleihen und der realen Rendite der inflationsgeschützten Staatsanleihen.

Wie in der ersten Abbildung zu sehen ist, verläuft die Break-even-Inflation (10 Jahre) in Deutschland, Frankreich und Italien ziemlich flach.



Inflationserwartungen im Euro-Raum (1 Jahr), Graph: Alejandro Badel in St. Louis Fed


Wenn wir die ökonomische Landschaft, mit der die EZB im Mai 2014 konfrontiert ist, mit der wirtschaftlichen Situation Mitte 2010, der die Fed gegenüber stand, vergleichen, stellen wir einige ähnliche Variablen fest.

Der entscheidende Unterschied ist jedoch die Ankündigung von QE2 durch die Fed in Höhe von 600 Mrd. USD, welche die Inflationserwartungen möglicherweise gefördert hat.

Auch wenn die Fed und die EZB in einem irgendwie ähnlichen makroökonomischen Umfeld agieren, hat der Einsatz der unkonventionellen Geldpolitik auf die Inflationserwartungen auf beiden Seiten des Atlantiks unterschiedliche Auswirkungen gehabt.

Warum? Der Autor der Studie kommt zum Schluss, dass die Verwendung von QE durch die Fed und die Banken-Kreditvergabe (TLTRO) durch die EZB entscheidend ist. Die Inanpruchnahme der Kreditvergabe durch die EZB hängt v.a. von der Verwendung der privaten Banken im Euro-Raum ab. Möglich ist, dass die Mitteilung der EZB, gegebenenfalls ein QE-Programm in Angriff zu nehmen, nicht glaubwürdig wahrgenommen wird.

Es gibt laut Autors Analyse ausserdem zwei Hindernisse für Anleihekäufe durch die EZB: Welche Staatsanleihen (spanische, italienische, deutsche oder andere) sollen gekauft werden? Und der Markt für hypothekenbesicherte Wertpapiere (MBS: mortgage-backed securities) ist im Euro-Raum relativ klein.

Ein Markt für Verbriefung im grossen Stil wie z.B. in Amerika ist aber ohne staatliche Absicherung nicht möglich. Eine Vergemeinschaftung der staatlichen Garantien findet aber weder in Brüssel noch in Berlin Befürworter.


PS: Wie kann eine höhere Inflationserwartung erzeugt werden? Dazu ein aktueller Beitrag in diesem Blog hier

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