VoxEu, das wirtschaftspolitische Portal des Centre
for Economic Research hat am Freitag ein kostenloses e-Book zum Thema „Secular Stagnation“ (Facts, Causes and
Cures) mit Beiträgen von einer Menge von guten Ökonomen (Olivier Blanchard, Barry Eichengreen, Richard Koo, Larry Summers usw.) zur Verfügung
gestellt.
Es ist ein Must-reading für alle, die sich für die gegenwärtige Debatte über
die wirtschaftlichen Aussichten interessieren.
Damit der Begriff keine Verwirrung
stiftet: Unter secular stagnation versteht man heute die Behauptung, dass die zugrunde
liegenden Veränderungen in der Wirtschaft wie z.B. das schwache Wachstum der
Bevölkerung im erwerbstätigen Alter dafür sorgen, dass die Episoden wie die
vergangenen fünf oder sechs Jahr in Europa oder den USA und die letzten 20
Jahren in Japan sehr wahrscheinlich wieder vorkommen.
Das heisst, dass die Wirtschaft
sich mit einer anhaltend mangelnden Nachfrage konfrontiert sieht, auch wenn die
nominalen Zinsen nahe Null (zero lower bound) liegen.
Wie Paul Krugman in seinem Blog betont, ist die secular stagnation nicht das, was Bob Gordon, der im Buch übrigens auch
einen Beitrag liefert, meint, dass das Wachstum des Wirtschaftspotenzials sich
verlangsamt, obwohl auch die Verlangsamung des Potenzialwachstums zur säkularen
Stagnation beitragen kann, durch die Reduzierung der Investitionsnachfrage.
Es hat mit der Nachfrage-Seite zu
tun, nicht mit der Angebot-Seite. Und es ergehen daraus einige ernsthafte
unkonventionelle Folgen für die Politik.
Im Jahr 2008 haben einige
Ökonomen wie z.B. Richard Koo, Paul Krugman, Brad de Long, Mark Thoma usw. argumentiert, dass die
Finanzkrise die Wirtschaft in eine Liquiditätsfalle gedrängt hat, vergleichbar mit Japan Mitte der 1990er Jahre.
Das ist eine Situation, wo die Notenbank die Vollbeschäftigung nicht
wiederherstellen können, auch wenn die Zinsen bis auf die Nullgrenze reduziert
werden.
Man kann darüber streiten, was
die Zentralbanken sonst tun können. Sie könnten z.B. durch Ankauf von längerfristigen und/oder
riskanten Anlageformen versuchen, die Erwartungen zu ändern. Aber die
Nullgrenze (zero lower bound) hat in
der Praxis riesige schädliche Auswirkungen auf die Wirksamkeit der
geldpoltischen Massnahmen.
Diejenigen Ökonomen, die sich dafür
aussprachen, die Krise anhand der Liquiditätsfalle-Theorie anzugehen, hatten
mit ihren Prognosen recht: Das höhere Haushaltsdefizit hat die Zinsen nicht
durch die Decke schiessen lassen. Der enorme Anstieg der Notenbankgeldmenge (monetary base) hat keine Inflation
ausgelöst. Und die Sparpolitik (fiscal
austerity) ging mit dem Rückgang der Produktion (output) und der Beschäftigung einher.
Die Idee von der langanhaltende Stagnation legt nahe, dass das, was wir seit dem Ausbruch der
Finanzkrise erleben, das new normal
ist oder zumindest die Art und Weise, wie die Weltwirtschaft noch eine lange
Zeit aussehen mag. Es ist daher wichtig, die Probleme durch Forderungen nach Normalisierung
der Fiskal- und Geldpolitik nicht weiter zu verschärfen.
Wissen wir aber, ob die secular stagnation bereits eingetreten ist?
Nein. Es gilt aber trotzdem zu beachten, dass mit dem Normalen für die
gegenwärtige Katastrophe keine Abhilfe geschaffen werden kann, wie Krugman als Fazit festhält. Also Vorsicht ist geboten, wie man die gegenwärtigen
Probleme anpacken soll. Forderungen, das Haushaltsdefizit zu senken und die Zinsen
zu erhöhen, sind derzeit kontraproduktiv.
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