Der Richtungsstreit unter den Marktteilnehmern hängt zur Zeit wie das Damoklesschwert über dem Aktienmarkt. Während viele Volkswirte angesichts der Ausweitung der Geldmenge vor einer ausufernden Inflation warnen, weisen andere auf die deflationären Kräfte im Markt hin. Steigen die Aktiekurse weiter oder fallen sie? Ist die seit März anhaltende Rally an der Börse übertrieben oder nicht? Die Stimmung ist derzeit angeschlagen. Infolge solcher Fragen geraten Aktien wieder unter Druck. Sobald die Börse in eine Konsolidierungs- und/oder Korrekturphase gerät, mehren sich „Lösungsvorschläge“ mit raffiniert verpackten „Finanzinnovationen“. Dazu zählen u.a. Wandel- und Aktienanleihen. Sie bieten Schutz vor Inflation und helfen unentschlossenen Anlegern, die kritische Phase des Aktienmarktes ohne Schaden zu überstehen, heisst es öfters. Vergangene Woche hat Felix Salmon (Reuters) in seinem Blog die Aktienanleihen als scam (Schwindel) bezeichnet und damit den Stein ins Rollen gebracht, da er zugleich für deren Abschaffung plädiert hat. Hat Felix recht? Sehen wir uns zunächst mal Aktienanleihen („Reverse Converts“) genauer an.
Es handelt sich dabei um eine Anleihe mit einem über dem Marktzins liegenden Kupon. Die Laufzeit ist i.d.R. kurz. Der Kupon ist dafür ungewöhnlich hoch. Der Anleger bekommt am Ende der Laufzeit entweder eine vorher bestimmte Anzahl von Aktien oder die Anleihe wird ihm zum Nominalbetrag von 100% zurückbezahlt. Der Emittent der Anleihe verfügt über das Wahlrecht und befindet über die Tilgungsmodalitäten. Genau hier liegt das Risiko des Anlegers. Wenn der Basiswert (underlying) eine Aktie ist, spricht man von einer Aktienanleihe („Reverse Convertible Bonds“). Aktienanleihen können jederzeit zum aktuellen Kurs verkauft werden. Allerdings ist es so, dass der Handel im Sekundärmarkt nicht liquide ist und der Kurs der Aktienanleihe zumeist vom Emittenten selbst gestellt wird. Der Spread zwischen dem Geld- und Briefkurs ist daher i.d.R. hoch.
Die Aktienanleihen (auch „Equity-Linked-Bonds“ genannt) beinhalten Termingeschäfte. Es geht dabei um eine Kombination zwischen einer Geldmarktanlage und einer Option. Der Anleger platziert im Prinzip sein Geld am Geldmarkt und verkauft zusätzlich (durch den Kauf einer Aktienanleihe) eine Verkaufsoption. Dafür erhält er eine Risikoprämie.
Wann erzielt aber der Anleger den grösstmöglichen Gewinn? Um diese Frage angemessen zu beantworten, müssen die 4 möglichen Fälle näher betrachtet werden:
Angenommen ist die Rede von einer Aktienanleihe mit der Laufzeit von 1 Jahr und dem Kupon von 8%.
(1) Wenn der Kurs der zugrunde liegenden (underlying) Aktie um mehr als 8% steigt:
Das bedeutet ein Verlustgeschäft, da der Anleger (Käufer) auf einen Teil des Kursanstiegs verzichtet.
(2) Wenn der Kurs der Aktie um weniger als 8% steigt:
Der Anleger würde mit der Anleihe besser fahren.
(3) Wenn der Kurs der Aktie weniger als 8% sinkt:
Der Anleger erhält die Aktie günstiger, als wenn er sie direkt am Markt kaufen würde.
(4) Wenn der Kurs der Aktie mehr als 8% sinkt:
Der Anleger macht effektiv Verlust.
Der Kurs des Basiswertes, das Zinsniveau und die Volatilität usw. zählen zu den Faktoren, die für den Fall „ Gewinn oder Verlust“ eine gewichtige Rolle spielen.
Fazit: Das Verlustpotential ist rein theoretisch unbegrenzt, während die Rendite nach oben begrenzt ist (Maximalgewinn bleibt in diesem Beispiel bei 8%). Das Risikoprofil ist also asymmetrisch. Es gilt zudem als sicher, dass diese „Finanzinnovation“ keinen Wert schafft. Es findet also keine Wertschöpfung statt, sondern das Geld wird umverteilt von den Anlegern zu den Banken. Felix hat recht. Viele Grüsse nach New York.
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