Montag, 9. Juni 2014

Wie kann eine höhere Inflationserwartung erzeugt werden?

Die korrekte Geldpolitik in einer Liquiditätsfalle ist, die Inflationserwartungen zu begünstigen. Eine moderne Zentralbank soll daher „glaubwürdig unverantwortlich“ handeln, um die Wirtschaft anzukurbeln, erklärte Paul Krugman bereits 1998 in einem lesenswerten Artikel („Japan’s Trap“). 

Japans Erfahrungen in den 1990er Jahren legen nahe, dass eine expansive Geldpolitik nicht funktioniert, wenn die Zinsen nahe an der Nullgrenze liegen und die gesamtwirtschaftliche Nachfrage so schwach ist, dass die Menschen nicht bereit sind, Kredit aufzunehmen. Eine Ausweitung der Geldmenge führt daher nicht dazu, dass die Verbraucher mehr Geld ausgeben und die Inflation in die Höhe treiben. Jede Vergrösserung der Geldbasis endet in den Banktresoren - ohne Ausgabeneffekt.

Es gibt keinen Knopf zur Schaffung von Inflation. Deflation zu verhindern, ist eine Sache. Inflation zu generieren, ist aber wesentlich schwieriger, vor allem wenn die Wirtschaft unter einer übermässigen Schuldenlast leidet und die Zinsen nahe null liegen (zero lower bound).

Denn wenn die Wirtschaft an die Nullzinsgrenze gerät, greift die Geldpolitik zu kurz. Die Produktion liegt unter dem potenziellen Outputniveau und die Arbeitslosigkeit steigt über die natürliche Arbeitslosenquote. Deflation führt zu einer erhöhten Geldnachfrage. Wenn niemand Kapital aufnehmen will, fallen die Zinsen. Und die Niedriginflation bleibt bestehen.

Der unmittelbare Weg, Inflation zu erzeugen, geht daher über die Erhöhung der Noten im Umlauf (currency in circulation). Da mehr Geld hinter der selben Menge an Waren und Dienstleistungen wäre, müssten die Preise und Löhne steigen.


Die Notenbankgeldmenge (Geldbasis, d.h. monetary base) besteht aus Notenumlauf und Giroguthaben der Banken bei der Zentralbank. Die Bankreserven werden als Cash im Bankensystem gehalten, entweder im Tresorraum der Banken oder bei der Notenbank. Die Bankreserven sind also keine Noten im Umlauf.

Wenn z.B. die Fed die Geldbasis erhöhen will, kauft sie den Banken Wertschriften ab und schreibt ihnen den entsprechenden Betrag als Guthaben dem Reservekonto gut. Das heisst, dass die Fed Bankreserven schafft, keine Noten im Umlauf. Ein Anstieg der Bankreserven führt nur dann zu einem Anstieg der Noten im Umlauf, wenn die Banken im Gegenzug zum Anstieg der Reserven Kredite vergeben.

Wenn die Banken keinen Kredit geben, weil niemand Kredit aufnehmen will, und weil niemand Sachinvestitionen tätigen will, wirkt sich der Anstieg der Bankreserven (bei der Notenbank) auf die Noten im Umlauf nicht aus. Das ist genau das, was sich während der gegenwärtigen Krise (Great Recession) abgespielt hat, und zwar auf beiden Seiten des Atlantiks.

Es mag den einen oder anderen Leser überraschen. Aber die Fed hat keine direkte Kontrolle über die Noten im Umlauf. Die Fed druckt kein Geld, sondern Bankreserven, wie Atif Mian und Amir Sufi in ihrem neuen, ausgezeichneten Buch House of Debt beschreiben.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass es der EZB heute nicht gelingt, die Inflationserwartungen zu erhöhen. Wie kann aber die EZB die Inflationserwartungen begünstigen, fragen interessierte Menschen im Twitter? Das ist eine  gute Frage.

Der entscheidende Punkt ist, dass die Wirtschaft nicht ewig in der Liquiditätsfalle stecken bleibt. Wenn der Schuldenabbau-Prozess (deleveraging) abgeschlossen ist, oder die Verbraucher wieder anfangen, Geld auszugeben, wird sich die Wirtschaft erholen. Genau zu diesem Zeitpunkt wird die Zentralbank die Zinsen erhöhen, um einen Anstieg der Inflation zu verhindern.

Wenn sie aber heute verspricht, die Zinsen dann, also in Zukunft zu diesem genannten Zeitpunkt nicht zu erhöhen, kann sie eine höhere Inflationserwartung begünstigen. Wenn die Zentralbank also verspricht, die Punch Bowl nicht wegzunehmen, wenn die Wirtschaft sich anschickt, zu erholen, kann eine höhere Inflationserwartung gebildet werden.

2 Kommentare:

CGB hat gesagt…

Lieber Axemaxx, du schreibst öfter, Deflation führt zu einer erhöhten Geldnachfrage. Ist mir klar, was du damit meinst - auf den ersten Blick wirkt das aber evtl. mißverständlich. Vielleicht schreibst du, zu einem erhöhten Liquiditätsbedürfnis oder in Klammern danach (nicht Kreditnachfrage). Gruss Christoph

Jochen hat gesagt…

"Es gibt keinen Knopf zur Schaffung von Inflation." - doch, sogar 2. Den einen muss die Regierung drücken, um Projekte zur Verbesserung der Infrastruktur anzukurbeln, dabei die Phase niedriger Zinsen nutzend. Dies insbesondere in Deutschland. Den zweiten müssen die Gewerkschaften drückenund höhere Lohnforderungen durchsetzen. In Deutschland hinkt die Lohnentwicklung seit den 90er jahren hinterher. näheres auf www.flassbeck-economics.de.

Über besiche auf meinem Blog www.josopon.wordpress.com würde ich mich freuen.
mfG
Jochen