Die Entscheidung der EZB, die Zinsen weiter zu senken, war sicherlich richtig. Es bleibt jedoch ein
grosses Fragezeichen, ob die Euro-Krise dadurch überwunden werden kann.
Die EZB hat auf der
Pressekonferenz nach der aktuellen Zinsentscheidung u.a. auch eine weitere
Runde langfristiger Refinanzierungsprogramme (LTRO) angekündigt: Targeted LTRO
(kurz T-LTRO). Die Laufzeit beträgt vier Jahre und der Zinssatz ist tiefer
gesetzt als bei vorhergehenden LTROs. Es ist aber ein offenes Geheimnis, dass die
Banken im Euro-Raum seit fast zwei Jahren die früheren LTROs zurückzahlen.
Es sieht demnach so aus, als ob
der Euro-Raum heute nicht mehr unter Liquiditätsknappheit leiden würde. Die Tatsache
ist andererseits, dass die EZB das Ziel der Preisstabilität verfehlt hat. Die
EZB unterläuft das in der EWU gemeinsam festgelegte Inflationsziel von nahe 2%
auf mittlere Sicht seit geraumer Zeit. Nun ist sie bemüht, das Wachstum zu
fördern und Jobs zu beschaffen, um deflationäre Tendenzen, die sie ja selbst
verschuldet hat, zu bekämpfen.
Deflation führt zu niedrigeren
Zinsen und zu einer erhöhten Geldnachfrage. Während die Banken ihre
Überschussliquidität abbauen, will die EZB über die neu T-LTRO die Banken zur
Kreditvergabe an Unternehmen ausserhalb des Finanzsektors veranlassen. Die
Banken geben aber keine Kredite an die Realwirtschaft, weil es an
Güternachfrage fehlt. Niemand will in Europa Sachinvestitionen tätigen.
Warum? Weil die EU-Peripherie in
einer schweren Depression steckt und im Kern des Euro-Raums eine tiefe Rezession
vorherrscht. Warum? Weil die EU-Kommission, während die Wirtschaft in einer
Liquiditätsfalle steckt, mit einer harschen Austeritätspolitik die Euro-Krise
unnötig weiter vertieft hat: Der Staat darf seine Ausgaben nicht erhöhen. Und
der hoch verschuldete Privatsektor muss die Gürter enger schnallen.
Verwendung der EZB-Liquidität, Graph: Finanz und Wirtschaft
Was das Ganze noch weiter
verschlimmert, ist der Entscheid der Troika (EU-Kommission, IWF und EZB),
internal devaluation zu verordnen, um die Kosten und Preise in den
Krisenstaaten des Euro-Raums nach unten zu korrigieren, da die Länder der
Euro-Zone über keine eigene Währung verfügen, die hätten abgewertet werden können.
Die EZB hat sich davoni überzeugt
gezeigt, die wirtschaftlichen Probleme in Europa via Lohnsenkung zu lösen.
Dadurch wurde aber der Nachfrageeinbruch zusätzlich verstärkt und die
EU-Peripherie zu einer langen Phase der Massenarbeitslosigkeit verdammt.
Kurzum: Die Geldpolitik verliert
an Wirksamkeit, wenn die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt. Die Erhöhung
der Liquidität in einer solchen Krise verstärkt die Liquiditätsfalle. Zumal es
der EZB nicht gelingt, die Inflationserwartungen zu erhöhen. Die
Niedriginflation bleibt daher bestehen.
Was ist zu tun? Da eine expansive
Fiskalpolitik in Europa aus ideologischen Gründen nicht zugelassen ist, bleibt der
Wechselkurs das entscheidende Instrument, um die Deflation zu bekämpfen.
Auf der Pressekonferenz vom
Donnerstag kam es aber nicht explizit zum Ausdruck, dass die EZB Wert darauf
legen würde. Der Euro hat sich zwar nach der Ankündigung der unkonventionellen
Massnahmen abgeschwächt, aber danach schnell wieder erholt. Die Hedge Funds waren bereits im Vorfeld in Antizipation eines negativen Satzes für Einlagefazilität Euro
short. Kurzfristig wird der Devisenmarkt ohnehin von day tradig taktisch
geprägten Aktivitäten beherrscht. Nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand sieht
eine eventuelle Euro-Abschwächung wie eine Ochsentour aus.
Verbalinterventionen seitens der EZB
reichen nicht aus, weil dadurch keine Auswirkungen auf die Kapitalflüsse
entfaltet werden, und auch der Verdacht der Beggar-thy- Neighbor Politik
aufkommt. Europa soll sich an Japan ein Beispiel nehmen, wie Barry Eichengreen nahelegt.
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