Paul Krugman hatte vor einer Weile einen Artikel mit dem Titel “Die Reichen, die Rechten und die Fakten” veröffentlicht,
um politisch motivierte Bemühungen um die offensichtliche Verleugnung des
starken Anstiegs der Ungleichheit in den USA v.a. an der Spitze der
Einkommensskala darzulegen.
Es überrascht nicht, dass sich
seither nicht viel verändert hat. Was aber eine Überraschung ist das
Erscheinungsjahr des Artikels: 1992.
Das bringt uns auf den neuesten
Stand der intellektuellen Zwistigkeiten, die durch einen Artikel
(„Piketty findings undercut by errors“)
von Chris Gille in Financial Times ausgelöst wurden: Die Offensive gegen die
Glaubwürdigkeit des meist-verkauften Buches „Capital“ von Thomas Piketty.
Giles behauptet, dass Pikettys
Werk „eine Reihe von Fehlern beinhaltet, die seine Ergebnisse verzerren“ und
dass es keine klaren Beweise für die wachsende Konzentration von Vermögen gibt.
Geht es wieder von vorn los,
fragt sich Krugman und nimmt in seiner lesenswerten Kolumne („On Inequality Denial“) am Montag in NYTimes
dazu Stellung.
Die anschliessende Diskussion hat
sich für Gilles nicht gut entwickelt. Kurz gesagt wurden Gilles Angriffe gegen die Vorstellung, dass
die US-Gesellschaft eine weitaus ungleiche Gesellschaft geworden ist, selbst
verworfen. Es gibt viele unabhängige Indikatoren, die auf eine stark steigende
Ungleichheit hindeuten.
Konzentration von
Kapitaleinkommen in den USA, Graph: Prof. Paul Krugman via CBO
Doch bleibt die Verleugnung aus genau
den gleichen Gründen wie die Verleugnung des Klimawandels bestehen: Es gibt
mächtige Gruppen mit einem starken Interesse an Zurückweisung der Fakten, so
Krugman. Man kann sich sicher sein, dass die Behauptung, dass die Zahlen von
Piketty falsch seien, endlos wiederholt wird, auch wenn die Behauptung einer
genauen Überprüfung nicht standhält.
Was man wissen sollte, ist laut
Krugman, dass die Konzentration von sowohl dem Einkommen als auch dem Vermögen
in den vergangenen Jahrzehnten stark gestiegen ist. Nein: Die Menschen, die das
Einkommen bekommen und das Vermögen besitzen, sind nicht eine ständig wechselnde
Gruppe: Vom Tellerwäscher zum Millionär und vom Millionär zum Tellerwäscher
Geschichten sind selten, unterstreicht der am Graduierten Zentrum der City University of New York (CUNY) lehrende
Wirtschaftsprofessor mit Nachdruck.
Nein: Steuern und Beihilfen
verändern das Bild nicht stark. In der Tat ist die Ungleichheit nach Steuern wegen der grossen Steuersenkungen an der Spitze der Einkommensskala in
den 1970er Jahren noch schneller gestiegen als die Ungleichheit vor Steuern.
Dieses Bild mag manchen Menschen
unangenehm vorkommen, weil es zu populistischen Forderungen wie nach höheren
Steuern für Reiche führt. Aber gute Ideen brauchen nicht mit Vorwand verkauft
zu werden. Wenn das Argument gegen Populismus auf falsche Behauptungen über
Ungleichheit beruht, sollte man über die Möglichkeit nachdenken, dass die Populisten
damit richtig liegen mögen, hält Krugman als Fazit fest.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen