Dienstag, 17. Juni 2014

Euro-Raum steckt in Bilanz-Rezession fest

Der europäische Privatsektor ist immer noch damit beschäftigt, seine Schulden abzubauen  (deleveraging). Die Anzeichen dafür sind (1) die schwache Kreditnachfrage (kaum Sachinvestitionen), (2) die schleppende Konjunktur und (3) das aussergewöhnlich niedrige Inflationsniveau.

Der Euro-Raum steckt m.a.W. in einer Bilanz-Rezession wie Richard Koo die Situation in Japan in den 1990er Jahren beschrieben hat.

In einer Bilanz-Rezession sind staatliche Ausgaben nötig, um die Wirtschaft anzukurbeln. Die Ironie ist, dass expansive Geldpolitik nur dann als notwendig angesehen wird, wenn die Wirtschaft in Rezession ist. 

Der Anstieg der Geldmenge wird aber in einer Liquiditätsfalle von der Überschussnachfrage nach Geld (d.h. liquidity) absorbiert. Menschen horten das Geld, weil die Opportunitätskosten, während die nominalen Zinsen nahe null liegen (zero lower bound), null sind. Wenn die Inflation negativ ist und die Zinsen auf null Prozent verharren, bringt Kassenhaltung einen positiven Zinssatz.

Die Geldnachfrage steigt im Vergleich zum Anstieg der Geldmenge überproportional, sodass das Preisniveau weiter fällt, wenn die EZB die Liquidität erhöht.


Wenn in schlechten Zeiten alle sparen, sinkt die gesamtwirtschaftliche Nachfrage. Wenn die öffentliche Hand die Ausgaben kürzt, müssen private Haushalte und Unternehmen die Gürtel enger schnallen, wodurch die Gesamtausgaben fallen. 

Wenn alle privaten Haushalte ihre Ausgaben verringern, sinkt der gesamtwirtschaftliche Verbrauch und damit auch die Nachfrage nach Arbeitskräften (fallacy of composition). Es entsteht Arbeitslosigkeit.

Eine Volkswirtschaft kann nicht als Ganzes sparen. Wenn einer spart, muss ein anderer Schulden aufnehmen. Was für einen einzelnen privaten Haushalt oder ein Unternehmen Sinn machen kann, muss nicht unbedingt zum Wohle der gesamten Wirtschaft sein (paradox of thrift).

Je niedriger der Zinssatz wird, desto niedriger fällt das Preisniveau. Neue Liquiditätsspritzen (TLTROs) oder Negativzinssatz (für Einlagen der Banken bei der EZB) helfen nicht weiter. Die EZB muss dafür sorgen, dass Inflationserwartungen steigen.

Die Bilanz-Rezession ist erst dann vorüber, wenn der Privatsektor wieder beginnt, netto neue Schulden aufzunehmen. Das heisst, wenn die überschüssigen Ersparnisse Verwendung finden, und wenn die Finanzanlagen attraktiver werden als Kassenhaltung.

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