Sonntag, 29. Juni 2014

Fed’s neues Rätsel? Gibt es Inflation ohne Lohnwachstum?

Ben Bernanke hatte 2005 in einem viel zitierten Vortrag die globale Ersparnisschwemme (global saving glut) als Ursache der weltweiten Handelsungleichgewichte bezeichnet.

Fazit: Die Niedrigzinsen gelten als Krisensymtom, nicht als Ausschlag der Finanzkrise.

Auch Janet Yellen scheint ihr „Rätsel“ (conundrum) zu haben: „Schwaches Lohnwachstum und steigende Preise“, schreibt Vincent Reinhart von Morgan Stanley in einer kürzlich vorgelegten Studie.

Das reale Lohnwachstum in den USA war bisher in der Tat enttäuschend. Die Löhne sind in der Rezession und während der Finanzkrise durchgehend gefallen. Das durchschnittliche Einkommen der privaten Arbeitnehmer verläuft seit Anfang 2012 zwischen 1,5% und 2,25%, bemerkt Reinhart weiter. Aufgrund der stagnierenden Entwicklung der Inflation mögen reale Verdienste im Laufe der Zeit dennoch „selbstverbessert“ erscheinen.



Der durchschnittliche Wochenverdienst in den USA, Graph: Vincent Reinhart, Morgan Stanley

Die Inflation ist zwar nach jüngsten Daten etwas gestiegen. Aber die Löhne sind im Mai annualisiert um 0,1% gesunken.


Der durchschnittliche Wochenverdienst (real)  in den USA, Graph: Vincent Reinhart, Morgan Stanley

Wenn die Löhne nicht steigen, bleibt das reale Lohnwachstum schwach und das lastet auf der Binnennachfrage. Damit die Nachfrage nicht völlig zusammenbricht, müssten die Löhne mit der Produktivität im gleichen Schritt plus Inflation steigen.

Fed-Chefin Yellen betrachtet in diesem Zusammenhang den jüngsten Anstieg der Kerninflation (core CPI) daher als „Störung“ (noise), nicht als Alarmzeichen. Das reale Lohnwachstum hat mit der Produktivität nicht Schritt halten können, sagte sie auf der Pressekonferenz am 18. Juni.

Inflation ist in der Tat kein nachhaltiges Phänomen ohne Beteiligung von Lohn-Dynamik, wie Tim Duy in seinem Blog unterstreicht.

Lohnwachstum selbst ist nicht inflationär. Das Lohnwachstum müsste die Inflation übersteigen. Wer anhaltend höhere Inflation erwartet, müsste vorerst anhaltend höhere Lohnstückkosten sehen.


ECI-Index ist ein vierteljährlicher Bericht des amerikanischen Arbeitsministeriums zur Messung der Entlohnung (compensation) der Arbeitnehmer (Löhne + Sozialleistungen), Graph: Vincent Reinhart, Morgan Stanley

Dabei werden die Kosten der Arbeit einschliesslich der Löhne, Nebenleistungen und Prämien für Arbeitnehmer auf allen Ebenen eines Unternehmens berücksichtigt.


Fazit: Die Fed wird eines Tages die Zinsen erhöhen. Es steht aber fest, dass Yellen das besondere Augenmerk zur Zeit auf die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und das reale Lohnwachstum richtet.



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