Sonntag, 29. Juni 2014

Europas wahnsinniges Projekt: Austerität

Die EU-Bürokraten, die die Unterschrift unter dem Stabilitäts- und Wachstumspakt tragen, behaupten bekanntlich, dass die Staatsausgaben (austerity) gekürzt werden müssen, um die EU aus der Krise zu führen, weil es keine andere Möglichkeit gibt.

Begründung: Die Krise ist durch unverantwortliche Haushaltsführung (*) zustande gekommen. Die Antwort darauf sei Haushaltskonsolidierung (fiscal consolidation)

Steve Keen hält entgegen. Der an der University of Western, Sydney lehrende Wirtschaftsprofessor vertritt in einem lesenswerten Artikel („Why Europe’s austerity experiment is doomed to fail“) die Ansicht, dass es v.a. auf die private Verschuldung ankommt.

Es sei die Dynamik der Verschuldung des Privatsektors, die die Volkswirtschaft treibt. Die öffentliche Austeritätspolitik hingegen sei zum Scheitern verurteilt, weil die harschen Sparmassnahmen den Privatsektor zum anhaltenden Schuldenabbau (deleveraging) zwingen.

Das von der EU auferlegte Sparprogramm sei dafür verantwortlich, warum Griechenland und Spanien heute eine Great Depression erleben. Es sei ein klassisches Eigentor der von der Mainstream-Ökonomie besessenen Bürokraten in Brüssel, so der australische Experte für die Debt-Deflation-Problematik.

Fazit: Sparen die privaten Haushalte, steigt die Schuldenquote. Die Wirtschaft schrumpft mehr das Haushaltsdefizit.


Staatsverschuldung (im Verhältnis zum Volkseinkommen) der USA und Griechenland im Vergleich, Graph: Prof. Steve Keen


Keen präsentiert sieben Abbildungen, die er nach einem zwei-wöchigen Field Research in Europa zusammengestellt hat, um seine Argumentation zu bekräftigen. Es geht unter anderem um die Frage, ob Griechenland einen hoffnungslosen Fall darstellt. Verglichen werden dabei die Daten von den USA und Griechenland vor und während der Krise.

Die beiden Länder waren sich bis 2010 bemerkenswert ähnlich, so Keen. Die Wachstumsrate der privaten Verschuldung stieg von einem Tiefstand von unter 5% des BIP in den frühen 1990er Jahren bis zu einem Spitzenwert von 15% des BIP am Vorabend der Krise.


Verlauf der Privatverschuldung in den USA und Griechenland im Vergleich, Graph: Prof. Steve Keen

Die Beobachtung ergibt die Schlussfolgerung, dass der Anstieg der öffentlichen Verschuldung nach der Krise begonnen hat, sowohl in den USA als auch in Griechenland. PS: Griechenland hatte bereits vor der Krise eine hohe Staatsverschuldung: 110% des Volkseinkommen (BIP) 2008.



Veränderung der Staatsverschuldung in den USA und Griechenland im Vergleich, Graph: Prof. Steve Keen

Auch in den USA wurde über die Austerität heftig diskutiert. Stichwort: Sequester (Budgetkürzungen). Es kam aber nicht zu automatischen Ausgabenkürzungen. Das Haushaltsdefizit in Griechenland ist in der Zeit Nachkrise vor allem wegen der drastisch fallenden Staatseinnahmen zustande gekommen, weil die Einnahmen schneller gesunken sind als die Ausgabenkürzungen.

(*) Spanien und Irland hatten am Vorabend der Krise einen Haushaltsüberschuss und eine niedrige Staatsverschuldung.



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