Die EU-Bürokraten, die die Unterschrift unter dem
Stabilitäts- und Wachstumspakt tragen, behaupten bekanntlich, dass die
Staatsausgaben (austerity) gekürzt
werden müssen, um die EU aus der Krise zu führen, weil es keine andere
Möglichkeit gibt.
Begründung: Die Krise ist durch unverantwortliche
Haushaltsführung (*) zustande gekommen. Die Antwort darauf sei
Haushaltskonsolidierung (fiscal
consolidation)
Steve
Keen hält entgegen. Der an der University
of Western, Sydney lehrende Wirtschaftsprofessor vertritt in einem
lesenswerten Artikel („Why Europe’s austerity experiment is doomed
to fail“) die Ansicht, dass es v.a. auf die private Verschuldung ankommt.
Es sei die Dynamik der Verschuldung des Privatsektors,
die die Volkswirtschaft treibt. Die öffentliche Austeritätspolitik hingegen sei
zum Scheitern verurteilt, weil die harschen Sparmassnahmen den Privatsektor zum
anhaltenden Schuldenabbau (deleveraging)
zwingen.
Das von der EU auferlegte Sparprogramm sei dafür
verantwortlich, warum Griechenland
und Spanien heute eine Great Depression erleben. Es sei ein
klassisches Eigentor der von der Mainstream-Ökonomie besessenen Bürokraten in
Brüssel, so der australische Experte für die Debt-Deflation-Problematik.
Fazit: Sparen die privaten Haushalte, steigt die
Schuldenquote. Die Wirtschaft schrumpft mehr das Haushaltsdefizit.
Staatsverschuldung (im Verhältnis zum Volkseinkommen) der
USA und Griechenland im Vergleich, Graph:
Prof. Steve Keen
Keen präsentiert sieben Abbildungen, die er nach einem
zwei-wöchigen Field Research in Europa zusammengestellt hat, um seine
Argumentation zu bekräftigen. Es geht unter anderem um die Frage, ob
Griechenland einen hoffnungslosen Fall darstellt. Verglichen werden dabei die
Daten von den USA und Griechenland vor und während der Krise.
Die beiden Länder waren sich bis 2010 bemerkenswert
ähnlich, so Keen. Die Wachstumsrate der privaten Verschuldung stieg von einem
Tiefstand von unter 5% des BIP in den frühen 1990er Jahren bis zu einem
Spitzenwert von 15% des BIP am Vorabend der Krise.
Verlauf der Privatverschuldung in den USA und
Griechenland im Vergleich, Graph:
Prof. Steve Keen
Die Beobachtung ergibt die Schlussfolgerung, dass der
Anstieg der öffentlichen Verschuldung nach der Krise begonnen hat, sowohl in
den USA als auch in Griechenland. PS: Griechenland hatte bereits vor der Krise
eine hohe Staatsverschuldung: 110% des Volkseinkommen (BIP) 2008.
Veränderung der Staatsverschuldung in den USA und
Griechenland im Vergleich, Graph:
Prof. Steve Keen
Auch in den USA wurde über die Austerität heftig diskutiert. Stichwort: Sequester
(Budgetkürzungen). Es kam aber nicht zu automatischen Ausgabenkürzungen. Das
Haushaltsdefizit in Griechenland ist in der Zeit Nachkrise vor allem wegen der
drastisch fallenden Staatseinnahmen zustande gekommen, weil die Einnahmen
schneller gesunken sind als die Ausgabenkürzungen.
(*) Spanien und Irland hatten am Vorabend der Krise
einen Haushaltsüberschuss und eine niedrige Staatsverschuldung.
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